Porträt

laut.de-Biographie

Poulish Kid

Mit kleinen Wünschen hält sich Poulish Kid nicht groß auf. Obwohl im Grunde ein bescheidener Typ, greift er dennoch direkt nach den Sternen "Ich will auf die ganz großen Bühnen", erklärt er mit derart entwaffnender Selbstverständlichkeit, dass einem spontan kein Grund einfällt, warum er das nicht schaffen sollte.

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Das Fundament für eine Karriere als Musiker könnte jedenfalls solider kaum gelegt worden sein, als bei einem Jungen namens Paul Kätzler, der kurz vor der Jahrtausendwende in Bayreuth das Licht der Welt erblickt und in der Nähe von Dresden aufwächst. Sein musikbegeisterter Vater leistet ganze Arbeit: Er bringt seinem Sprössling seine Leidenschaft für handgemachte Musik nahe. So lernt Paul die wunderbare Welt der Beatles kennen, Elton John, AC/DC und alles Mögliche dazwischen. "Ich war fünf oder sechs, da hat er mich auf ein Eagles-Konzert mitgenommen", erinnert sich der Sohn: eine prägende Erfahrung.

Doch in Pauls Familie geht es nicht nur um den Konsum von Musik, auch Selbermachen hat einen hohen Stellenwert. Paul bekommt zunächst Klavierunterricht, später bringt ihm sein Vater, der selbst in einer Band spielt, auch Gitarre, Ukulele und Schlagzeug bei. Mehrere Jahre spielen Vater und Sohn sogar zusammen in einer Cover-Band, "bis es mir irgendwann zu uncool war, mit meinem Vater auf Hochzeiten aufzutreten".

Inzwischen hat der Junior ohnehin andere, buchstäblich hochfliegende Träume: Er will Pilot werden. "Seit ich 14 war, hab' ich mein ganzes Leben darauf ausgerichtet", erinnert er sich. Drei Jahre lang arbeitet er in den Ferien und spart jeden Cent, bis er sich die Anzahlung für eine Flugausbildung leisten kann. Er macht die Sportpilotenlizenz, will danach die Ausbildung zum Verkehrspiloten anhängen, doch eine Rot-Grün-Schwäche durchkreuzt alle Zukunftspläne. "Da bin ich erstmal in ein Loch gefallen."

Einen Plan B hat er nicht, entsprechend planlos gestalten sich die nächsten Jahre. Paul macht Abitur, beginnt mehrere Studiengänge und bricht genau so viele wieder ab. "Dann hab' ich erstmal ein Jahr bei der Post gearbeitet, als Zusteller. Da hab' ich auch wieder Geld verdient. Davon hab' ich mir dann diesen Laptop gekauft, GarageBand runtergeladen, und dann hat mich Gottseidank die Musik gerettet. Mich wieder auf den richtigen Pfad gebracht, der mich glücklich macht."

Paul produziert erste Beats. "Meine erste Station waren so EDM- und Electronic-Produktionsweisen, Hip Hop-Beats, Trap, Dubstep ..." Die Idee, seine Produktionen Rapper*innen und anderen Produzent*innen zum Kauf anzubieten, fruchtet wenig. "Das hab' ich circa zwei Jahre probiert, hab' so drei Beats verkauft, zwei waren beschissen. Und da kam dann irgendwann der Moment, wo ich gemerkt hab': Hmm, vielleicht probier' ich nochmal was anderes."

Dieses "andere" beschreibt er als Rückbesinnung auf seine frühe Prägung mit Indie- und Rockmusik. Die fusioniert er mit den elektronischen Herangehensweisen, die er sich mittlerweile draufgeschafft hat, und kreiert daraus sein ganz eigenes Soundbild. Im Studium hat er zudem diverse Musiker kennengelernt, mit denen er in wechselnder Besetzung zusammenarbeitet. Als fester Kern kristallisiert sich eine Kombination aus Bass, Schlagzeug und Paul an Mic, Synthesizern und Klavier heraus.

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Poulish Kid "Mit meinem Vater auf Hochzeiten spielen, war irgendwann uncool"
Über hochfliegende und geplatzte Träume, Zufälle und den prägenden Einfluss der Eagles.

Das gemeinsame Projekt heißt bald wie der Einzelkünstler und Produzent: Poulish Kid - nachdem der erste Name, Kapuze, in markenrechtlichen Fragen unter die Räder kam. Anfangs noch maskiert unterwegs, braucht Paul die Kombination aus weißem Fischerhut und weißer Sturmhaube bald nicht mehr. Statt sich dahinter zu verstecken, nutzt er die Vermummung nur noch als visuellen Anreiz, wenn ihm der Sinn danach steht.

Den Part, in dem ein Newcomer oder eine junge Band sich auf kleinen Bühnen vor winziger Crowd in kaschemmigen Clubs den Arsch abspielt, haben Poulish Kid irgendwie übersprungen: Nur zwei oder drei Auftritte hatten sie zuvor gespielt, als sie beim SonneMondSterne-Festival vor 8.000 Menschen auf der Bühne stehen.

Danach überschlagen sich die Ereignisse schier. Eine eigentlich als Witz fallengelassene Bemerkung befördert Poulish Kid ins Vorprogramm von Oliver Tree. Obwohl sie gerade drei Tage Zeit hatten, um sich ein Live-Programm zu überlegen, liefern sie da so ab, dass sie sich direkt weiterempfehlen, als Toursupport von Gashi.

Die Kontakte in die USA resultieren in einer Einladung nach L.A. Zweimal überquert Poulish Kid, mittlerweile in Leipzig zu Hause, den Atlantik, um jeweils eine Woche lang mit amerikanischen Kolleg*innen zu kooperieren. In Europa arbeitet er unter anderem mit dem niederländischen Produzenten Absent Chronicles zusammen. Anfangs strikt auf englische Texte fixiert, kann sich Poulish Kid auch bald Lyrics in seiner Muttersprache vorstellen.

Inzwischen ist er beim Hamburger Label Audiolith untergekommen, im September 2023 erscheint hier das erste Album "In The Shadow Of A Giant", in dem eineinhalb Jahre Arbeit stecken. Eine "starke Kombination aus alternativen elektronischen und atmosphärischen Klängen, verspielten Synthies, lockerem Indie-Band-Gesang und wummernden Bass", attestieren sie bei Audiolith ihrem Schützling, und das, obwohl Labelboss Lars Lewerenz anfangs recht ratlos vor der Mixtur stand: "Ich weiß noch nicht so richtig, wohin mit euch", beschied er Poulish Kid nach dem Kennenlernen. Gut, dass der das längst selbst wusste. Wohin? Na, "auf die ganz großen Bühnen".

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