laut.de-Kritik

Romantische Aspekte in einem Horrorstreifen.

Review von

Die Idee hört sich total bescheuert an: Einen "verlorenen" Soundtrack zum Horrorfilm "The Texas Chainsaw Massacre" mit Akustikgitarre und Frauenstimme zu schreiben. Klingt kaum sinnvoller, als Cannibal Corpse oder Slipknot die Musik zum Taubstummenfilm "Jenseits Der Stille" anzuvertrauen.

Die ersten Takte des Titel gebenden Openers beweisen jedoch das Gegenteil: Eine einfache gezupfte Melodie und ein Cello ziehen den Hörer sofort in ihren Bann. Als eine ernste, traurige, tiefe Stimme einsetzt, fühlt man sich in eine öde Feldlandschaft versetzt – genau wie zu Beginn des Horrorstreifens.

"Wir wollten die eher romantischen Aspekte des Filmes hervorheben", erklärt Tim Kelley, die männliche Hälfte des Duos aus Chicago. "Stellenweise wirkt der Film episch und hat viele schöne Landschaftsaufnahmen". Das hört sich so an, als habe er bei den Schlachtszenen die Augen einfach zugemacht und könne sich deshalb nicht an sie erinnern. Nicht so seine Frau Christa Meyer, deren Stimme die grundlegende Melancholie wirkungsvoll vertont. In "Ghostee" schwirrt ihre Stimme wie ein Geist durch den Raum, "Walking" beweist, wie man den Klang einer Kettensäge effektiv nachmacht: Lippen ans Mikrophon halten und losbrummen.

Das Interessanteste am Album ist, dass Puerto Muerto auf jegliche Effekthascherei verzichten. Kein Gekreische, keine Pauken, keine knarzenden Dielen oder Messer, die an einem Tellerrand kratzen. Dafür kommen im mittleren Teil auch Schlagzeug und E-Gitarre zum Einsatz." What Have I Done" hört sich an wie eine Mischung aus John Lee Hooker, Ray Charles und Chuck Berry. Bei "Apple Pie" könnten auch Calexico ihre Finger im Spiel haben, "Wondering" erinnert an eine schnellere Nummer von Tom Petty.

Das walzende "Wandering" läutet im 3/4-Takt den wieder ruhigeren Endspurt ein. "Cherries" ist eine sehnsüchtige Ballade mit Männerstimme und zärtlicher Frauenbegleitung, "Black Maria" könnte genauso gut aus einem Spaghetti-Western stammen. Mit "Goodbye" geht zum Schluss wieder die Sonne auf.

Um ehrlich zu sein: Als Soundtrack geben die Stücke nicht allzu viel her, auch wenn Puerto Muerto die Musik gelegentlich zum Film aufführen. Das Projekt ist über das ursprüngliche Ziel hinaus geschossen und hat sich verselbstständigt. Was nicht weiter schlimm ist, denn wahrscheinlich ist "Songs Of Muerto County" gerade deshalb eine tolle Platte.

Trackliste

  1. 1. Muerto County
  2. 2. Ghostee
  3. 3. Yeah
  4. 4. Josephine
  5. 5. Walking
  6. 6. What Have I Done
  7. 7. Apple Pie
  8. 8. Road Song
  9. 9. Wondering
  10. 10. Cherries
  11. 11. Black Maria
  12. 12. Goodbye

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