laut.de-Biographie
Slipknot
Wenn man aus einem Nest wie Des Moines im Bundesstaat Iowa stammt wie der Slipknot-Neuner, ist es keineswegs einfach, auf sich aufmerksam zu machen. Dabei kommt die Metalcombo mit angesagten Eigenschaften daher: Ihr Soundcocktail erscheint schlicht böse, aggressiv, beängstigend und auf jeden Fall durchgeknallt.
Auf grellen Overalls haben Sid (Turntables), Joey (Drums), Paul (Bass), Chris (Drums), James (Gitarre), Craig (Mischpult), Shawn (Drums), Mick (Leadgitarre) und Corey Taylor (Vocals) ihre Nummer verewigt (0 bis 8), und passend zum Liedgut schocken Slipknot mit schrillen Halloween/Sci-Fi-Masken, die sie als Erweiterung ihrer Persönlichkeit ansehen.
Nach der Gründung 1995 bringen sie ein in Eigenregie produziertes Album heraus, das aber nicht zu den erhofften Connections im Musikgeschäft führt. Erst mit dem Vertragspartner Roadrunner kommt 1999 der Karriere-Boost. Eine Slipknot-Manie setzt in der Folgezeit fast wie von Geisterhand ein, bald sieht man auf Konzerten viele Freaks mit dem Schriftzug des Neuners. In dieser Beziehung erscheinen sie hipper als die meisten Bands der deftigeren Sorte.
Album Nummer drei ist der Sage nach das entscheidende Werk in der Karriere einer Band, und wenn Nummero zwei so heftig einschlägt, steigen die Erwartungen an den Nachfolger noch. Doch bevor es so weit ist, machen die neun Chaoten mehrmals negative Schlagzeilen. Die Besucher bei Rock am Ring/Rock im Park zum Beispiel sind verständlicherweise wenig angetan, als die Band ohne Angabe von Gründen einfach nicht erscheint. Stattdessen haben sie wohl eine Baggerfahrt durch die Eiffel eingeschoben und sich aus dem Staub gemacht.
Zu diesem Zeitpunkt laufen schon die Vorbereitungen zur Veröffentlichung des neuen Albums. "Iowa", so der schlichte Titel, verursacht im Vorfeld mächtig Wirbel. Um den Rummel ordentlich anzuheizen, werden sämtliche Kopien der Platte zurückgehalten, und auch die Presse erhält das Teil erst ganz kurz vor der Veröffentlichung. Der Erfolg bleibt nicht aus, "Iowa" verkauft sich wie Eier zu Ostern. Was die Qualität betrifft, sind die Meinungen jedoch gespalten.
2002 kommt der Chaotentrupp wieder auf Tour nach Deutschland. Das Hamburg-Konzert im Docks gerät allerdings zum Debakel. Nachdem die angekündigten zwei Vorbands (Straight, American Head Charge) ausfallen, dauert der Auftritt von Slipknot nur etwa 50 Minuten. Als die Fans schließlich aufgefordert werden, nach dieser Kurzeinlage die Halle zu verlassen, beginnen einige zu randalieren. Vor der Halle verschaffen enttäuschte Fans ihrem Unmut Luft, indem sie Slipknot T-Shirts verbrennen.
Doch es kommt noch viel schlimmer. Nach dem Amoklauf von Erfurt berichten Boulevardzeitungen, der Täter sei ein großer Fan der Fratzenmänner gewesen. Prompt nehmen große Musiksender Slipknot aus ihrem Programm, und die Band muss sich die gleichen Vorwürfe gefallen lassen wie Rammstein und Marilyn Manson nach dem Massaker von Littleton. Wer glaubt, für solche Taten sei allein 'gewaltverherrlichende Musik' verantwortlich, nicht etwa eine starke Persönlichkeitsstörung oder auch der ungestörte Zugang zu Waffen, springt viel zu kurz.
Dass die Band selbst nicht ganz so simpel gestrickt ist, wie ihr manche Kritiker vorwerfen, beweisen die neun im Mai 2004 mit "Vol. 3". Abwechslungsreicher denn je drängen Slipknot auf den Hörer ein, auch wenn nicht jeder eingefleischte Maggot diese Kehrtwende nachvollziehen kann. Doch ist die Zeit reif für ein wenig Veränderung, das Konzept des Oberwüterichs in Masken langsam aber sicher ausgereizt.
Nach dem Tod von Dimebag Darrel (Damageplan, Ex-Pantera), den ein Verrückter Anfang Dezember 2004 bei einem Konzert seiner Band Damageplan erschießt, äußert sich auch Slipknot-Percussionist Shawn Crahan im Interview ängstlich: Die Band wisse, dass sie für ihre Fans verantwortlich sei. Verantwortlich dafür, was sie durch ihre Kunst ausdrücken. Er sei jedoch schon vor dem Mord beunruhigt gewesen, erklärt Shawn. "Hoffentlich wollen unsere Fans reden."
Der Herbst 2005 sieht die Veröffentlichung des Doppelalbums "9.0: Live". Auf zwei CDs zelebriert der Neuner seine Livepower. Daraufhin ziehen sich Slipknot etwas aus dem Rampenlicht zurück. Drummer Joey Jordison tourt mit Ministry durch die Welt, während Corey mit Stone Sour eine neue Platte aufnimmt.
Im Frühjahr 2007 steigt Slipknot-Schlagzeuger Joey Jordison in den Tourbus von Korn und löst dort Ex-Zappa-Drummer Terry Bozzio ab. Noch im selben Jahr gehen die Maskenmänner wieder ins Studio, um im Sommer 2008 "All Hope Is Gone" herauszubringen. Es könnte das letzte Album der Maskenmänner aus Des Moines werden: Im Mai 2010 stirbt Bassist Paul Gray an den Folgen einer Herzerkrankung in Verbindung mit einer Medikamentenüberdosis in einem Hotelzimmer.
Manche trifft der Verlust von Paul mehr als andere. Während Drummer Joey schon bald wieder weitermachen will, nimmt sich Sänger Corey eine längere Auszeit von der Band, arbeitet aber, genau wie alle anderen Mitglieder, nebenher an anderen Projekten. So ist er unter anderem als Sänger von Anthrax und Velvet Revolver im Gespräch. Es bleibt bei der Möglichkeit.
Die DVD "(Sic)nesses" bildet Ende 2010 eine Art Hommage an den verstorbenen Bassisten. 2011 stehen die Maskierten tatsächlich auch für einzelne Konzerte wieder auf der Bühne. Den Bass bedient der 1996 ausgestiegene Gitarrist Donnie Steele.
Joey, der in der Zwischenzeit mit den Murderdolls aktiv war und auch bei Rob Zombie eine Zeit lang hinter der Schießbude saß, wird Anfang 2012 nicht müde, von einem neuen Slipknot-Album zu sprechen.
Corey, der mit Shawn eine Filmproduktionsfirma gegründet hat und als Autor tätig ist, kündigt hingegegen erst einmal ein weiteres Stone Sour-Album an. Ende 2013 trennen sich die Wege von Slipknot und Joey Jordison. Ein neues Release scheint damit weiter entfernt als jemals zuvor.
Tatsächlich jedoch beendet die Chaostruppe um Sprachrohr Corey Taylor die Arbeit am fünften Studiowerk schon im Jahr darauf. ".5: The Gray Chapter" erscheint im Oktober 2014. Mittlerweile sind auch Informationen zu den neuen Gray- und Jordison-Ersatzmännern durchgesickert. An den Kesseln sitzt ab sofort Jay Weinberg, Sohn des langjährigen Springsteen-Drummers Max Weinberg. Den Bass bedient Alessandro Venturella.
Für 2019 verspricht Corey Taylor ebenfalls neues Material. Im Oktober 2018 liefert der Neuner zunächst das Video zu "All Out Live". Spätestens mit der Zeile "Old does not mean dead / New does not mean best" zählen sich Slipknot selbst zu den Klassikern des Genres. Das passende Musikvideo erscheint übrigens pünktlich zu Halloween. Man hat ja einen Ruf zu verlieren.
Eine weitere Zeile des Songs liefert den Titel zum nächsten Album: "We Are Not Your Kind". Ganze vier Jahre lang haben die Maskenmänner Shawn zufolge daran geschraubt: "Der Lohn ist nicht weniger als Erlösung." Sie veröffentlichen die Scheibe mitten in der Festivalsaison 2019, kurz nachdem sie als Headliner einmal mehr Rock am Ring/Rock im Park zerlegt haben.
Neu im Line-Up ist bei diesen Gigs ein von den Fans liebevoll "Tortilla Man" getaufter Perkussionist. Sein Vorgänger Chris Fehn war im März aus der Band geschieden, nachdem er Corey und Shawn finanzielle Bereicherung vorgeworfen hatte. Wie üblich macht sich die Band einen Spaß daraus, die Identität ihres neuen Mitglieds erst einmal geheim zu halten. "Mich überrascht, ehrlich gesagt ziemlich, dass noch keiner rausgefunden hat, wer dahinter steckt", freut sich Gitarrist James zum Zeitpunkt des Albumreleases. "Im Social Media-Zeitalter mit all den Telefonen und Kameras ist das schon interessant." 2022 kommt das erste Album dieses Line-Ups heraus: "The End, So Far". Mit dem Ende ist lediglich das Vertragsende mit Roadrunner Records gemeint, das Album besinnt sich ein Stück weit auf die Wurzeln des aggressiven Bandsounds, aber nicht ohne Platz für Experimente zu lassen.
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RIP
UPDATE: It's officialy the first single "The Chapeltown Rag".
New Single Out Tomorrow
Performed LIVE at KNOTFEST LA
The End for Now!