laut.de-Kritik

Von Reverb-Hymnen und Soundlandschaften.

Review von

Hu, so etwas hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Da kommt dieser junge Brite, der wunderbar ins Frischfleischmarketing der Majors zu passen scheint. Und was macht er? Klangkulissen die mit Pink Floyd konkurrieren könnten. Hymnen auf Albumlänge.

Musikalisch agiert David Rhodes freilich weniger in ausufernden Floyd-Sphären. Eher steckt er in der Singer/Songwriter-Pop-Schublade. Statt möglichst schnörkellos mit Akustikgitarre in der Ecke zu sitzen, vertraut Rhodes jedoch auf seine Elektrische, einen aufgedrehten Reverbregler und bombastische Tomsounds.

"Ich war ganz besessen von Soundlandschaften. Ich wollte Stimmungen und Atmosphären einfangen. Wenn es sein musste, mit nur einer Note", beschreibt der Musiker die Anfänge seines 2013 erstmals in EP-Form materialisierten Soloprojekts. Sein Ziel hat er auf "Wishes" definitiv erreicht. Ihm ist ein durch und durch stimmiges Album gelungen.

Wohin die Reise geht, erklärt bereits der schlicht "Intro" betitelte Opener, der weit mehr als nur eine Einleitung ist. Eine herrliche dynamische Steigerung zieht sich durch den Track. Simple, aber wirkungsvolle Gitarren prägen das Bild, der Hall regiert. Dazu kommt Rhodes' ruhiger, melancholischer Gesang. Ein latenter Post-Rock- und Anathema-Vibe lässt sich nicht leugnen. Die Hook setzt sich bereits während des ersten Durchgangs fest.

Die Vorabsingle "Close Your Eyes" folgt mit Herzschlagbeat und Klavier. Coldplay-Freunde sollten hier auf ihre Kosten kommen. Auch abseits dieses Tracks begegnet uns das Klavier noch öfter. Etwa beim Duett mit Birdy ("Let It All Go"), wo er die Effekte ein wenig zurückschraubt, oder in der Abschlussballade "Wishes". Letztere führt mit Chören aus dem Album heraus und verursacht Gänsehaut.

Trotz des wuchtigen Sounds kommt Rhodes völlig ohne überflüssiges Pathos aus. Kitsch kennt der Herr nicht, Ehrlichkeit ist das Wichtigste. Die Texte drehen sich dabei hauptsächlich um das persönliche Innenleben oder Zweierbeziehungen. Dabei bedient sich Rhodes einer relativ offenen Sprache und verzichtet auf Romanerzählungen – im Vordergrund steht bei ihm klar die Musik an sich. Die Stimme funktioniert als eines der Instrumente.

Apropos Instrumente: Wir hatten schon Hall-Gitarre, Epos-Drums, Stimme und Klavier. Klar, Synthies bzw. Keyboard schauen des Öfteren noch vorbei. Und ab und zu dürfen wir uns über Streicher freuen. Für ein Highlight sorgen diese in "Better". Als das Lied eigentlich schon vorbei ist, setzen sie zum sinfonischen Outro an. Bläser kommen außerdem dazu. Daumen hoch!

Kurz vorher zeigt Rhodes, dass er auch reduzierter kann. Mit Startnummer Neun gibt "Losing It" den Ruhepol des Albums. Wie war das mit dem Atmosphäre-Einfangen? Spätestens jetzt sollten es alle kapiert haben.

In Sachen Bonustracks lässt sich Rhodes ebenfalls nicht lumpen. Ganze sechs spendiert er. Die sind zwar aus gutem Grund nicht Teil der regulären Tracklist, da die Ausrichtung leicht abweicht, nichtsdestotrotz allesamt hörenswert. Mit dabei ist übrigens ein Cover von Taylor Swifts "Blank Space". Unbedingt empfohlen sei auch der Titeltrack von Rhodes' zweiter EP "Morning", in dem das Schlagzeug schön zur Geltung kommt.

So ordnet sich "Wishes" irgendwo zwischen Hozier, Ryan Keen, Ed Sheeran, Lana Del Rey und God Is An Astronaut ein. Eine Mischung, die Potenzial für unterschiedlichste Hörerprofile birgt. Gebt euch dieser Musik hin - sie macht wunschlos glücklich.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Close Your Eyes
  3. 3. Raise Your Love
  4. 4. You & I
  5. 5. Breathe
  6. 6. Somebody
  7. 7. Turning Back Around
  8. 8. Your Soul
  9. 9. Losing It
  10. 10. Let It All Go
  11. 11. Better
  12. 12. Wishes
  13. 13. Glow
  14. 14. Worry
  15. 15. Run
  16. 16. Blank Space
  17. 17. Morning
  18. 18. Love Live On

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