laut.de-Biographie
Simon & Garfunkel
Paul als Kaninchen, Art als Grinsekatze; so lernten sich die beiden bei einer Schulaufführung von "Alice im Wunderland" 1953 kennen. Paul Simon wurde am 13. Oktober 1941 geboren, Art Garfunkel gerade drei Wochen danach, am 5. November. Beide wuchsen in Queens auf und teilten von Anfang an ihre Begeisterung für Rock'n Roll. Ihr erster kleiner Hit "Hey Schoolgirl" (1957) war daher nicht viel mehr als eine Everly Brothers-Imitation und die beiden 16-jährigen gaben sich natürlich auch noch Künstlernamen: Tom & Jerry.
Ihr Debütalbum "Wednesday Morning, 3 AM" trägt den programmatischen Untertitel "exciting new sounds in the folk tradition", der auf Einflüsse der Folk-Bewegung im New Yorker Greenwich Village anspielt; außerdem verbrachte Paul noch einige Zeit in England, wo er zusammen mit Folkmusikern lebte und ein Soloalbum aufnahm, das "Paul Simon Songbook". Es entstand in London innerhalb einer Stunde und die Aufnahme kostete lausige 60 £! Einige Songs wurden später für "Sounds of Silence" noch einmal eingespielt; sie gehören zu den besten der frühen S&G-Stücke: "Homeward Bound", "April Come She Will" oder "I am a Rock".
Der Song "Sounds of Silence" war bereits auf ihrer ersten Platte vertreten, die jedoch floppte. Der große Durchbruch kam erst Weihnachten 1965. Art studierte Architektur und Paul war in England, als ihr Produzent Tom Wilson so frei war, "Sounds of Silence" mit E-Gitarre und Schlagzeug zu versehen. Das so aufgemöbelte Stück wurde als Single herausgegeben und prompt ein Nr.1-Hit. Ihre zweite Nr.1 wurde 1968 "Mrs. Robinson". Ursprünglich sollte er "Mrs. Roosevelt" heißen, aber Mike Nichols wollte das Stück für seinen Film "The Graduate", für den er auch ältere Stücke wie "Scarborough Fair" und "April Come She Will" verwendete. Entsprechend der Protagonistin des Films erhielt das Lied dann seinen endgültigen Namen.
"Mrs. Robinson" wurde auch in das "Bookends"-Album übernommen, das allgemein als das intensivste Werk des Duos angesehen wird. Dagegen geriet das letzte Album "Bridge Over Troubled Water" weniger homogen. Neben der Ballade "The Boxer" stehen Aufgüsse aus der anfänglichen Rock'n Roll-Phase sowie Songs wie "El Condor Pasa" und "Cecilia", die Simons Interesse für exotische Musik schon deutlich durchblicken ließen. Während der Aufname an jenem Album entwickelten sich zwischen Art und Paul erste Spannungen. Nicht zuletzt weil Art fünf Monate abwesend war, um in Mexiko mit Mike Nichols für den Film "Catch 22" zu drehen.
"Wir funktionierten nicht mehr als die Einheit, die unsere vorigen Alben ausgezeichnet hatte und wir kamen nicht besonders gut miteinander aus", so der O-Ton. Dass Art Garfunkel bei allen Konzerten den rauschenden Beifall für "Bridge Over Troubled Water" einheimste, war für Paul, der den Hit ja geschrieben hatte, schwer zu ertragen und sicherlich mit ein Grund für ihre viel bedauerte Trennung.
Simons folgendes Album mit dem geistreichen Titel "Paul Simon" geriet äußerst schlicht und zurückhaltend; ihm war klar, dass er ein Stück wie "Bridge..." nicht mehr toppen konnte. 1975 schrieben die beiden "My Little Town", das jeweils auf ein Soloalbum gepackt wurde, nämlich auf Simons "Still Crazy After All These Years" und Garfunkels "Breakaway". 1981 gab es dann noch einmal eine gemeinsame Tournee, von welcher der Livemitschnitt "The Concert In Central Park" stammt.
Die große Stärke des S&G-Songrepertoires liegt in den Texten und den eingängigen Melodien. Der Begriff "eingängig" ist hier fast zu negativ beladen, denn die Melodien sind zwar schlicht, aber nicht als Konzession ans Publikum gedacht, sondern um die Texte ihrer Inhalte entsprechend zu tragen. Die filigrane Schlichtheit, der viele Songs ihre leisen Stimmungen verdanken, wird in manchen Studioversionen durch opulentere Orchester-Arrangements etwas beeinträchtigt. Der zweistimmige Gesang und Paul Simons Gitarre bringen die leisen Stimmungen jedoch unschlagbar gut heraus!
Nach über 20 Jahren Funkstille, unterbrochen nur von äußerst seltenen Auftritten zu besonderen Anlässen, zeigt sich im Februar 2003, dass Preise und Ehrungen ausnahmsweise auch mal konkreten Nutzen haben: Anlässlich der Verleihung des Grammys für das gemeinsame Lebenswerk kommen die beiden wieder miteinander ins Gespräch. Die Freundschaft habe alle finanziellen Streitigkeiten überlebt, teilt Simon in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im September mit.
Das Resultat: eine fast zehnwöchige Konzertreise durch die USA, die am 18. Oktober beginnt und durch 32 Städte führt. Im Anschluss geht das Duo auf eine umjubelte Europa-Tour, die mit einem konzert vor 600.000 Zuschauern im Kolosseum in Rom endet. Dabei geben die Beiden nur alte Hits wie "Mrs. Robinson" oder "Bridge Over Troubled Water" zum Besten. Haben ja auch keine neuen, und daran wird sich wohl auch weiterhin nichts ändern. Auf die Frage, ob sie nicht noch einmal ins Studio wollten, antwortet Simon in einem TV-Interview, dass das aus dem gleichen Grund unwahrscheinlich sei, aus dem sie damals aufgehört hätten: weil sie "Bridge Over Troubled Water" niemals übertreffen könnten.
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