laut.de-Kritik

Erstickende Trauermärsche mit den Urvätern des Funeral Doom.

Review von

Ein schöner Sommer für Freunde der Düsternis. Gerade schipperte Captain Ahab noch mit der Glen Carrig durch die Doom-See, jetzt melden sich Skepticism mit ihrem ersten Album seit sieben Jahren zurück. Die lange Zeitspanne zwischen zwei Alben dürften die Fans ja mittlerweile gewohnt sein. Gute Nachricht: Die Urväter des Funeral Doom haben unterdessen nichts verlernt, keinen totalen Kurswechsel vollzogen und krümeln immer noch in den schattigsten aller dunklen Ecken umher.

Eine kleine Überraschung bieten Skepticism aber doch. In der Vergangenheit zeichnete sich die Band schließlich nicht gerade durch eine hohe Konzertfrequenz aus. Trotzdem hört man heutzutage Sätze wie diese aus dem Mund des Keyboarders Eero Pöyry: "Ich fing an zu glauben, dass Skepticism live am besten ist". Na dann – warum das neue Album nicht gleich während eines exklusiven Livekonzerts einspielen? Spart Studiokosten, die Fans können die Aufnahme hautnah miterleben und eine DVD hat man zum Albumrelease auch gleich in petto.

Ein wenig gewagt mag das gewesen sein, aber es hat funktioniert. Am 24. Januar 2015 luden Skepticism nach Turku, positionierten Aufnahmemikros und Kamera, engagierten Sessiongitarrist Timo Sitomaniemi und zockten "Ordeal" in Gänze. Sowohl Ton als auch Bild dieses Abends liegen nun in Albumform vor uns: 6 Songs, 54 Minuten Spielzeit. Plus aufgepäppelte Versionen zweier älterer Tracks als Boni.

Die ersten Noten gebühren Eero Pöyrys Keyboard, dem generell auf dem Album ein hoher Stellenwert zukommt. Die meisten prägenden Momente der Songs finden auf Tasten statt. Am besten kommt Pöyry zur Geltung, wenn er den etwas angestaubten Graborgelsound gegen Streicher tauscht. "The Departure" sei hier genannt.

Obwohl sich die Gitarren weitestgehend darauf konzentrieren, mit langsamsten Riffpattern ihre Hörer zu ersticken, kreiert auch Jani Kekarainen hie und da ein paar Melodien, die hängen bleiben. Zum Beispiel im letzten Drittel des Openers "You". Rau, roh, morbide schön.

Etwas unvorhergesehen sorgen die Instrumentalisten in "The Road" für latent thrashiges Galopp. Immer im Doom-Kontext gesehen, versteht sich. Angesichts dessen muss man schon fast Angst haben, dass gleich jemandem die Finger im Geschwindigkeitsrausch abfallen. Ist man ja sonst eher nicht gewohnt. Nach anderthalb Minuten geht's jedoch schon wieder zurück in die Wohlfühlzone. Ein wenig mehr Abwechslung dieser Sorte hätte "Ordeal" insgesamt gesehen öfter auffahren dürfen.

Und nächstes Mal auch bitte Sänger Matti Bescheid sagen, wenn's schneller wird. Der zeigt sich nämlich völlig unbeeindruckt vom plötzlichen Tempoumschwung und zieht weiterhin sekundenlang seine Silben. Das spiegelt das größte Manko des Albums wieder: Es ist auf Dauer einfach zu gleichförmig, zu einseitig. Klar, bis zu einem gewissen Grad gehört Monotones im Doom dazu. Spannung im Songwriting ist dennoch unabdingbar. YOB zeigen regelmäßig wie es geht.

Außer Frage bleibt allerdings, dass Skepticism Meister der Atmosphäre sind. Hier erfüllt jeder Track seinen Zweck - und eben besonders Mattis ultratiefe Growls. Sich aus dem dem tiefen Loch des Kummers, der Vergänglichkeit und des Verfalls zu befreien, gelingt erst, wenn der finale Trauermarsch "Closing Music" schleppend verklungen ist. Beziehungsweise eigentlich erst dann, wenn auch die beiden Bonusstücke verenden. Eines davon, "Pouring" vom Debüt "Stormcrowfleet", geben Skepticism übrigens noch langsamer als im Original zum Besten.

Ob Skepticism live nun wirklich besser sind als auf Platte darf jeder für sich selbst entscheiden. Mir persönlich fällt die auf der DVD gezeigte Liveperformance etwas zu statisch aus, weshalb "Ordeal" bei mir wohl öfter als reine Audioversion laufen wird. So kommt die Stimmung noch besser zur Geltung. Insofern wäre es auch interessant zu wissen, wie das Album unter Studiobedingungen geklungen hätte. Aber Phrasenschwein: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Skepticism haben gewagt, mit "Ordeal" vielleicht nicht alles, aber doch viel gewonnen. Und Besonderheiten haben noch keiner Diskographie geschadet.

Trackliste

  1. 1. You
  2. 2. Momentary
  3. 3. The Departure
  4. 4. March Incomplete
  5. 5. The Road
  6. 6. Closing Music
  7. 7. Pouring
  8. 8. The March And The Stream

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