laut.de-Kritik

Band trifft Orchester trifft ins Schwarze.

Review von

Es sind grauenvolle Erinnerungen: Metallica, eine Band die meine Jugend begleitete, machten bei "S&M" plötzlich einen auf Klassik und spielten mit einem Orchester. Schrecklich inhomogen klang das. Ganz so, als ob die Lieder ungewollt ein paar Streicher untergejubelt bekommen haben. Metallica blieben Metallica, und das Orchester blieb das Orchester. Die Streicher dienten vor allem dazu, den Sound fetter zu machen. Dieser vorsintflutliche Einsatz eines Orchesters hat mir solche oder ähnliche Projekte auf lange Zeit verleidet.

Was aber passiert, wenn sich eine Band und ein Orchester wirklich aufeinander einlassen? Was kommt heraus, wenn statt einer musikalisch eher mittelmäßigen Metal-Band plötzlich die Jazz-Fusion-Könner von Snarky Puppy am Werke sind und mit dem auch nicht weniger begabten und interessanten Metropole Orkest musizieren? Richtig: Homogenität, Eleganz und kluge Arrangements.

Bei dieser Aufnahme wirkt nichts aufgesetzt oder konstruiert. Das Orchester ist kein Fremdkörper und übernimmt sowohl eine narrative als auch eine unterstreichende Funktion. Snarky Puppy standen ja noch nie im Verdacht, wenig zu grooven und unausgefeilte Arrangements anzubieten. Hier intensiviert das Orchester diese Eigenschaften aber noch einmal und hebt sie hervor. Noch federnder und lässiger kommt so der Gesamtsound daher.

Wer da nicht mit dem Fuß mit wippt und dabei nicht schon mit dem Kopf ganz tief in den Arrangements drinnen steckt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Das ist Musik für Kopf und Körper. Zu dieser Musik könnte man durchaus ein abstraktes Tänzchen wagen. Es wäre aber auch denkbar, diese Musik haargenau zu analysieren und aus dem Staunen gar nicht mehr herauszukommen, wie man hier Komplexität als federleichte Einfachheit verkauft bekommt. Die Mutigen tanzen analysierend und glücklich zu diesem eindrucksvollen Stück Musik.

Michael League gelingt hier tatsächlich die Quadratur des Kreises. Er belegt, dass Jazz komplexe Kopfmusik ist, bei der er sich lohnt, mehrmals und genauer hinzuhören. Zugleich birgt dieses Album aber auch tänzelnde und durchaus gefällige Musik für eine breitere Masse, die bisher gar nicht wusste, dass sie Jazz mag. Man erzählt von ausverkauften Snarky Puppy-Konzerten und euphorischen Besuchern.

Diese Platte gibt mir den Glauben daran zurück, dass das Konzept Band-trifft-Orchester nicht immer zwangsläufig gehörig in die Hose gehen muss. Und sie macht mir Hoffnung, dass Jazz doch noch nicht tot ist und seltsam riecht. Er muss sich einfach nur ein bisschen erneuern und sich vor allem lässiger, spielerischer und weniger akademisch geben. Ich wünsche mir jedenfalls, dass Snarky Puppy in diesem Veränderungsprozess eine wichtige Rolle spielen werden.

Anspieltipps? Eigentlich die ganze Platte. Alles fließt hier zusammen, ergibt in seiner Gesamtheit Sinn. Alles in allem: Meisterwerk-Verdacht!

Trackliste

  1. 1. Sintra
  2. 2. Flight
  3. 3. Atchafalaya
  4. 4. The Curtain
  5. 5. Gretel
  6. 6. The Clearing

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