Porträt

laut.de-Biographie

Soundgarden

Die Geschichten über den sagenhaften Aufstieg einer Handvoll Rockbands aus Seattle zu Anfang der Neunziger Jahre wurden in etwa genauso ausgeschlachtet wie deren Sound. Trotzdem hat die Musik von Nirvana, Pearl Jam und Soundgarden höchstens die Instrumentierung gemein. Im Gegensatz zum punkigeren Sound von Nirvana und den Rock'n'Roll-lastigeren Tönen von Pearl Jam, tendierten Soundgarden von Anbeginn an eher in Richtung Metal.

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Die Geschichte der Band reicht bis in die frühen 1980er Jahre zurück. Seattle im Staate Washington hat zu der Zeit musikalisch nicht viel zu bieten, sieht man mal vom in einer benachbarten Kleinstadt gelegenen Jimi Hendrix-Grab ab. Umso verwunderlicher, dass in der dortigen Szene eine Band nach der anderen aus dem Boden zu sprießen scheint. In diesem Umfeld treiben sich unzählige Musiker und Kunstschaffende herum, die kaum ein Jahrzehnt später schon Legenden sind.

Dort hebt Chris Cornell die Band aus der Taufe. Der Teilzeit-Koch spielt seit 1982 in einer Band namens The Shemps, die Matt Dentino gründet. Jener ist zufälligerweise auch der WG-Kumpel von Gitarrist Kim Thayil. Nachdem The Shemps das Zeitliche segnen, da Dentinos Unzuverlässigkeit keine Arbeitsgrundlage mehr bietet, klopft Chris bei Thayil und seinem Freund Hiro Yamamoto an. Das Grundgerüst von Soundgarden - die sich nach einer Skulptur in im Magnuson Park in Seattle benennen - steht somit, da Cornell auch noch Schlagzeug spielt. Um aber live ordentlich etwas her zu machen, holen sie sich Scott Sundquist als Drummer ins Boot, der kurze Zeit später aber von Matt Cameron ersetzt wird.

Das erste tönende Zeichen, das die Welt zu hören kriegt, ist ein Song für die Compilation eines lokalen Radiosenders, "Bands That Will Make Money". Drei Songs ("Heretic", "Tears To Forget" und "All Your Lies") sind 1986 auf dem Sampler "Deep Six" des Labels C/Z Records vertreten. Der Sampler gilt allgemein, als die Scheibe, die den Seattle-Sound am meisten beeinflusst haben soll. Neben Soundgarden geben auch die Melvins hier ihr Debüt.

Der Radio-DJ Jonathan Poneman bringt den Stein dann ins Rollen, indem er zusagt, dem gerade gegründeten Sub Pop-Label 20.000 Dollar zuzuschießen, sollten diese Soundgarden unter Vertrag nehmen. Gesagt, getan: Sub Pop-Gründer Bruce Pavitt streicht die Kohle ein und so erscheint im Oktober die Single "Hunted Down" als zweiter Output auf Sub Pop nach Green Rivers Debüt. Im Oktober 1987 folgt die EP Screaming Life", gefolgt von "Fopp". Beide EPs erscheinen zusammengefasst auf einem Lonplayer 1990.

Im Anschluss buhlen diverse Majorlabels um die Soundgarden-Dienste. Diese verweigern jedoch die Unterschrift unter einen Vertrag und veröffentlichen das Debüt-Album "Ultramega OK" lieber bei 1988 SST-Records. Die Scheibe mutiert zum Grenzgänger zwischen Alternative und Metal. In beiden Lagern ist das Feedback äußerst positiv. Nicht umsonst, denn das Debüt meistert die Gratwanderung zwischen punkig angehauchten Sounds und wuchtigen Metal-Riffs spielend. Das honoriert auch das Business und verschafft der Band 1990 eine Grammy-Nominierung für die beste Metal-Performance.

Schließlich vollziehen Soundgarden doch noch den Schritt zum Major. Mit dem Labelwechsel geht wieder eine Änderung im Line-Up einher. Noch 1989 verläst Gründungsmitglied Hiro Yamamoto die Combo, um an der Uni zu studieren. Seinen Platz nimmt kurzfristig Jason Everman ein, der dereinst auch bei Nirvana den Viersaiter geschwungen hat, ehe Ben Shepherd auf den Plan tritt.

Soundgarden - Live From The Artists Den
Soundgarden Live From The Artists Den
Zeitlos wie Black Sabbath und Led Zeppelin.
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Der Release von "Badmotorfinger", das durch die Bank in allen Postillen zum Geniestreich hochgejubelt wird, hat nur einen klitzekleinen Negativ-Aspekt: Es erscheint fast zeitgleich mit Nirvanas "Nevermind". Das Trio um Kurt Cobain überstrahlt mit seinem Überraschungserfolg bis heute alle anderen.

Langjährige Fans werfen Soundgarden mit dem Wechsel zum Corporate-Label Verrat an den Punk-Idealen vor. Dennoch markiert diese Scheibe einen Quantensprung in mehreren Bereichen. Was das Songwriting, die Produktion und die Performance anbelangt, lassen Cornell und Co. ordentlich die Muskeln spielen. Wo früher noch eine diffuse Zerfaserung des Klangbildes vorherrscht, gibts jetzt ordentlich auf die Nuss.

Wie stark die Band mittlerweile live auftritt, zeigt sich allen Besuchern der Welt-Tour von Guns N'Roses, wo die Gruppe im Vorprogramm spielt. Danach dürfen sich Cornell und Co. stolz den Orden an die Brust heften, unter den strengen Augen der Gunners-Fans mit Applaus von der Bühne verabschiedet worden zu sein.

Mittlerweile ist der Seattle-Hype in vollem Gange. Im 1992er-Film zum medialen Trubel, "Singles" mit Bridget Fonda und Matt Dillon, ist die Band ebenfalls zu sehen. Chris Cornell hat einen kleinen Auftritt und ist auch mit dem Akustik-Song "Seasons" zu hören. Des Weiteren wirft bereits das kommende Album seine Schatten voraus, denn der Track "Spoonman", die erste Singleauskopplung aus dem 1994 erscheinenden "Superunknown", ist in dem Streifen in einer frühen Version zu hören.

Als die Platte dann im März 1994 das Licht der Welt erblickt, scheint die Zeit für den großen Durchbruch endlich reif zu sein. Zwar zieht das erwähnte "Spoonman" (u.a. wohl auch wegen der ungewöhnlichen 7/4-Rhythmen) keine Riesenwurst vom Teller. Aber das ändert sich schlagartig, als die zweite Auskopplung "Black Hole Sun" steil geht. Dauerrotation auf allen Clip-Kanälen ist die Folge, und das trotz eines befremdlichen Videos von Howard Greenhalgh, das eine eher schaurige und surrealistische Ästhetik zur Schau trägt. Insgesamt wirft "Superunknown" sage und schreibe sechs Singles ab und ebnet ihnen den Weg in den Rockhimmel. Im Zuge des Albums sahnen sie fast alles ab, was man als Rockmusiker als Trophäen einheimsen kann.

Im Mai 1996 ist "Down On The Upside" am Start, das weniger aggressiv daher kommt, was unter anderem am Bedürfnis Cornells liegt, die Härte etwas zurück zu schrauben. Über die Frage "Riff oder nicht Riff" entbrennt schon im Studio ein heftiger Streit zwischen dem Sänger und Gitarrist Kim Thayil. Im Laufe der sich anschließenden Tour kracht es immer häufiger, so dass die Verkündung des Bandsplits am 9. April des Jahres kaum mehr verwundert. Ein halbes Jahr später erscheint mit "A-Sides" die unvermeidliche Best Of, die die Bandgeschichte musikalisch zusammenfasst und das Kapitel Soundgarden ad acta legt.

Nach dem Split fokussiert sich die mediale Aufmerksamkeit auf Cornell, der 1999 sein Solo-Debüt "Euphoria Morning" auf den Markt wirft und danach bei Audioslave einsteigt. Nach seinem James Bond-Soundtrackbeitrag "You Know My Name" und seinem Abschied von Morello und Co. veröffentlicht er zwei weitere Soloalben, darunter das äußerst streitbare Elektronik-Experiment "Scream" (2009).

Da wirkt es schon delikat, dass es ausgerechnet Cornell ist, der am Silvesterabend desselben Jahres die Soundgarden-Reunion auf Twitter ankündigt: "Die zwölf Jahre Pause sind vorbei und die Ritter der Soundtafel reiten wieder." Drummer Cameron verrät etwas später, dass sich die Fans der Alternative-Legende im Großen und Ganzen auf den Trademark-Sound der Gruppe freuen dürfen. Bevor das neue Material auf den Markt kommt, erscheint 2011 das Album "Live On I-5", das Aufnahmen ihrer 1996er Tour enthält.

Das neue Studioalbum trägt den Titel "King Animal" und steht Anfang November 2012 in den Läden. Zuvor zeigten sich die Klanggärtner auch auf europäischen Festivals, u.a. bei Rock am Ring/Rock im Park. Mit 16 Jahren Verspätung erhalten viele junge Rockfans so die Chance, eine legendäre Band noch bei voller Power live zu sehen. Wie sich heraus stellt, sollte dies auch die letzte Gelegenheit sein. Chris Cornell stirbt am 17. Mai 2017 auf Tournee mit Soundgarden in Detroit völlig überraschend. Zuvor gab die Band noch ein furioses Konzert im Fox Theatre vor ausverkauftem Haus. Sein persönliches Umfeld ist fassungslos.

So endet eine legendäre Band-Karriere, die uns viele unvergessliche Songs geschenkt hat. 29 davon finden sich auf dem Vermächtnis "Live From The Artists Den", das 2019 erscheint und eindrucksvoll die Live-Qualitäten der Band am letzten Abend der King Animal-Tour für die Nachwelt festhält.

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Berlin 2013 Chris Cornell und Co. präsentieren ihr Comebackalbum.

Chris Cornell und Co. präsentieren ihr Comebackalbum., Berlin 2013 | © laut.de (Fotograf: Andreas Koesler) Chris Cornell und Co. präsentieren ihr Comebackalbum., Berlin 2013 | © laut.de (Fotograf: Andreas Koesler) Chris Cornell und Co. präsentieren ihr Comebackalbum., Berlin 2013 | © laut.de (Fotograf: Andreas Koesler) Chris Cornell und Co. präsentieren ihr Comebackalbum., Berlin 2013 | © laut.de (Fotograf: Andreas Koesler)

Rock am Ring, 2012 Die amtliche Reunion um Chris Cornell.

Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: ) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger) Die amtliche Reunion um Chris Cornell., Rock am Ring, 2012 | © laut.de (Fotograf: Lars Krüger)

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