laut.de-Kritik

Dieser Teufel rammt dir die Hörner in den Arsch.

Review von

Jason Pierce behauptet ja, dass "Amazing Grace" die beste Platte sei, die Spiritualized jemals gemacht hätten. Ich meine, dass er das nach jeder Veröffentlichung sagt. Egal! Ich bin auf jeden Fall absolut begeistert. Die Musik von Jason macht mich einfach glücklich.

Natürlich bleibt "Ladies and Gentleman We Are Floating Into Space" mein persönliches Lieblingsalbum, aber schon der erste Song "This Little Life Of Mine" bläst dir einfach die Kerzenlichter aus. Hier hört man den Ursprung des coolen Ex-Junkies. Spacemen 3 lassen ordentlich grüßen. Das Album rockt wie Sau! Wenn ich könnte, würde ich mit diesem Rohling ins Bett gehen. Knarrende Gitarren und einfach großartige Texte verhelfen zu Schweißausbrüchen, Hitzewallungen und hypnotischem Zustand. Ich sage nur "I'm Too Busy Too Be Heartbroken"! (aus "Broken Heart" von meinem Lieblingsalbum). Ein Satz, der mehr aussagt, als ein ganzer Film von Wim Wenders. Oder auch aktuell die nächste Dröhnung "She Kissed Me (It Felt Like A Hit)". Ein schöneres Liebesbekenntnis gibt es nicht.

Melancholische Euphorie gibt es natürlich auch. "Hold On", "Oh Baby" und "Rated X" halten dich jedoch von Selbstmordgedanken ab. Du musst wissen, wie die Platte endet, und du hast jetzt gar keinen Bock, nach draußen zu gehen, um dich auf eine windige Brücke zu stellen. Jetzt hörst du lieber die Engel singen und schwebst auf Wolke 10. Nur nicht die Augen aufmachen, denn sonst sitzt du leider doch nur auf deinem Sofa und blickst in den grauen Alltag. Der Teufel, oder ist es doch Jesus, holt dich dann mit "Never Goin' Back" zurück in dein ödes Zimmer. Er rammt dir die Hörner in den Arsch und fordert dich zum exstatischen Tanz auf.

Eine improvisierte Showeinlage mit viel Orchester, Bläsern und Jazz-Ornamenten bietet das Instrumentalstück "The Power And The Glory". Das kann schon mal ein wenig nerven, aber du weißt, Jason steht auf Jazz. Jasons zweite Liebe, den Gospel, lässt er auch auf "Amazing Grace" hörbar verlauten. Allerdings nur noch vereinzelt und nicht mehr so offensichtlich wie auf der letzten Platte "Let It Come Down".

"The Ballad Of Richie Lee" widmet er einem guten Freund, der vor kurzer Zeit gestorben ist. Mit zarten Streichern und einer Überdosis Gitarrenschrammel kann man einen Toten nicht liebevoller würdigen: "The fire that drove me on. Is nothing more than dust and ash. The day my friend has gone".

"Amazing Grace" ist ein sagenhafter Cocktail zwischen bittersüßen Balladen, psychedelischen Kopfwirrungen und eintätowierten Rocknummern. Spiritualized lassen einem nicht viel Zeit zum Kerzen anzünden. Der Feuerlöscher meldet sich sofort wieder mit "Cheapster". "Lay It Down Slow" beendet leider diese Platte viel zu früh, und man meint, Mr. Pierce zerbreche vor dem Mikrofon. Ich kann meine schwitzigen Finger nicht davon abhalten, ständig Repeat zu drücken. Ich will mehr, und vielleicht nehme ich den Rohling doch mit ins Bett. Mal sehen was dann passiert!

Trackliste

  1. 1. This Little Life Of Mine
  2. 2. She Kissed Me (It Felt Like A Hit)
  3. 3. Hold On
  4. 4. Oh Baby
  5. 5. Never Goin' Back
  6. 6. The Power And The Glory
  7. 7. Lord Let It Rain On Me
  8. 8. The Ballad Of Richie Lee
  9. 9. Cheapster
  10. 10. Rated X
  11. 11. Lay It Down Slow

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