laut.de-Kritik
Zwei CDs mit aktuellen Tracks vom Partyrocker.
Review von Daniel StraubDen Sommer über pilgerte Sven Väth wieder allmontäglich nach Ibiza, um die Partyhungrigen der Insel mit neuen Sounds durch die Nacht zu bringen und für ein paar unvergessliche Urlaubserinnerungen zu sorgen. Ort des Geschehens ist seit einigen Jahren das Amnesia, neben dem Space die wohl angesagteste Location der Insel. Dort fallen die Tunes aus dem Plattenkoffer des Partykönigs auch in diesem Jahr wieder auf fruchtbaren Boden, wie "The Sound Of The Fourth Season" eindrücklich dokumentiert.
Teilte sich Väth im vergangenen Jahr noch die DJ-Kanzel mit seinem Kumpel Richie Hawtin, so steht "The Sound Of The Fourth Season" wieder ganz im Zeichens des Partyrockers selbst. Zwei CDs mit aktuellen Tracks kompilierte Väth. Die erste rockt den Dancefloor in gewohnt harter Manier, 'in your face' eben. Die zweite nimmt das Tempo etwas zurück und erfreut das Ohr mit groovigen Electro- und Housetracks.
Enttäuschend finde ich den ersten Silberling, der zwar mit allerlei großen Namen aufwarten kann, sich aber ansonsten seltsam uninspiriert gibt. Die Tracks wirken lieblos aneinander gereiht, nach dem Minimalprinzip gemixt. Stimmung kommt dabei kaum auf, trotz Highlights wie der neuen Funk D'Void Single "Emotional Content", dem Dancefloor-Dauerbrenner des Sommers, "Monstertruckdriver" von T.Raumschmiere oder "Freaks", dem ersten Lebenszeichen von LFO seit Jahren.
Auch Marco Carola oder Laurent Garniers und Carl Craigs als Tres Demented veröffentlichte Kooperation können das Ruder nicht mehr rumreißen. Gute Tracks alleine machen eben noch kein klasse DJ-Set aus. Viel zu konservativ geht Väth an die Stücke ran, zeigt kaum einmal, was man aus zwei Plattenspielern und einem Mischpult rausholen kann.
Das ist Schade, denn so hält die erste CD zwar einige Tipps für den nächsten Besuch im Plattenladen bereit, wie "My Telephone Is Dead", ein EBM-Hammer von DJ Tonio und David Carretta, der sich auch auf DJ Tonios im Dezember erscheinenden Debütalbum finden wird. Ebenfalls positiv aufhorchen lässt Ingo Boss, das jüngste Signing auf Cocoon Recordings, dessen "Little Eternity" mit seinen schrägen Vocaleinlagen in bester Green Velvet-Manier die Zuhörer verstört, ohne in Sachen Tanzbarkeit irgendwelche Kompromisse einzugehen.
Eine ganz anderen Höreindruck hinterlässt der zweite Teil von Väths Ibiza-Session. Die gebrochenen Beats von Jay Alanskys "Bud Life" eröffnen den Mix, bei dem Sven Väth genau die Qualitäten eines DJs unter Beweis stellt, die er auf dem ersten Teil so schmerzlich vermissen lässt. Die Tracks erzeugen eine intensive Atmosphäre, nehmen gefangen, stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern verschmelzen zu einem Ganzen, dessen Flow man sich gerne ergibt.
Anfangs noch schmeicheln die lockeren Grooves von Ricardo Villalobos "Easy Lee" dem Ohr, bevor Sten-TVs "Glockenspiel" erstmals die straight Bassdrum in den Vordergrund rückt und in bester Minimal-Techno-Manier anschiebt. Nicht weniger druckvoll präsentieren sich Phonogenics "Togetha" und Bangkok Impacts "The Floor", dessen fette Electrogrooves den Track zu meinem Favourit auf "The Sound Of The Fourth Season" machen. Nach Alter Egos deftigem Remix des Primal Scream Stücks "Autobahn 66" klingt die zweite Hälfte des Albums mit Jackson Fourgeaud und Luciano versöhnlich aus.
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