laut.de-Kritik
Ein Cover-Album ohne Cover-Songs.
Review von Kai ButterweckMit einer aufsehenerregenden Mixtur aus nackten Tatsachen und energiegeladenem Alternative-Rock markierten The Pretty Reckless vor gut zwei Jahren ihr Territorium innerhalb der Hartholz-Szene. Alles lief wie geschmiert für die Herren Phillips (Gitarre), Damon (Bass), Perkins (Drums) sowie ihr weibliches Aushängeschild Taylor Momsen. Man schlug förmlich drei Fliegen mit einer Klappe.
Da waren einmal die TV-Teenies, die ihrem 'Gossip Girl' auf Schritt und Tritt folgten. Ebenfalls am Start: die Herren der Schöpfung, die auf Livegigs mit weiblichen Hauptdarstellern gerne auf ihren beschränkten Wortschatz zurückgreifen - "Ausziehen!". Dazwischen tummelten sich neugierige Musikliebhaber, die einfach nur Lust auf rockige Alternative-Sounds hatten.
Und alle wurden bedient: die einen mehr, die anderen weniger. Die Folge: The Pretty Reckless waren nach zwei Alben ("Light Me Up", "Going To Hell") und unzähligen Shows in aller Munde.
Beim dritten Studiowerk fällt nun auf, dass sich bei den Amis einiges verändert hat. Taylor Momsen äußert sich nur noch genervt über ihre 'Gossip Girl'-Vergangenheit. Auch freigelegte Brüste und blanke Pobacken bekommt man auf Konzerten der Band nur noch selten bis gar nicht zu Gesicht.
Die größte Veränderung schält sich allerdings aus den Boxen. Statt sich mit eingängigem Alternative-Rock weiter in Richtung Mainstream zu verabschieden, nehmen The Pretty Reckless mit "Who You Selling For" die Abzweigung in Richtung Grunge meets Bluesrock.
Bereits der sechseinhalbminütige Doppel-Opener "The Walls Are Closing In / Hangman" ist der Musik gewordene Warnhinweis für all jene, die hofften, die Band macht genau da weiter, wo sie vor zwei Jahren mit "Going To Hell" aufhörte.
Mit einer nicht enden wollenden Melange aus Alice In Chains-Erinnerungen und Grüßen aus der Prog-Rock-Welt heften sich The Pretty Reckless an die Fersen ihrer musikalischen Helden. Das anschließende "Oh My God" beweist: Auch die ersten Sound-Exzesse der Herren Chris Cornell und Co gefallen Taylor Momsen und ihren Kollegen.
Die erste Single "Take Me Down" groovt wie die Stones, während "Wild City" mit versteckten WahWah-Akzenten und The Temptations-Vibe daherkommt. Nahezu jeder Song weckt Erinnerungen. Die drei eher ruhigeren Vertreter "Back To The River", "Who You Selling For" und "Bedroom Window" kommen mit angezerrten Sheryl Crow-Trademarks um die Ecke. Beim abschließenden "Mad Love" tanzt gar das schelmisch grinsende Konterfei von Lady Gaga vor dem inneren Auge im Dreieck. Wow!
Auf ihrem dritten Album stellen sich The Pretty Reckless musikalisch neu auf. Abseits des gängigen Rockradios experimentiert der Vierer mit Blues-orientierten, Classic-Rock-angehauchten und von atmosphärischem Grunge überzogenen Sounds.
Ohrwürmer oder gar Songs, die das Rad neu erfinden, sucht man hier zwar vergebens. Aber das stört nur am Rande, denn in Sachen Songwriting und Facettenreichtum gibt es nichts zu nörgeln. Mit einem authentischen Klanggerüst im Rücken servieren The Pretty Reckless ein überdurchschnittliches Cover-Album ohne Cover-Songs.
3 Kommentare mit 8 Antworten
Puhh, habe mich sehr auf die neue Scheibe gefreut. Alles wie gewohnt ? Treibenden Rock/Hardrock vom feinsten ? Leider nur bedingt. Pretty Reckless bringt mehr ruhige Töne rein, nicht schlecht aber anders. Von mir 3 Sterne
du bist ein mongo
Torque, da hast du Recht.
He dorque, ganz ruhig brauner. Fand halt die letzte Scheibe besser und 3 Sterne ist doch kein Veriss. Im übrigen habe ich die Musik schon vorliegen Schönen Tag noch.
band ist overhyped aber tatsächlich nicht overrated nicht meine erste wahl aber wer 2016 immer noch kaputte jeans und flanellhemden trägt und auf dem entsprechenden sound steht, muss wohl nehmen, was er kriegen kann
wobei tatsächlich chucky macdonald- lets go to war
eine kleine offenbarung ist. ich wollte es kaufen... aber amazon kann mir keinen physischen tonträger bereitstellen... und ich bin unfähig einen download zu kaufen aber wirklich geiles teil!
zu blöd eine Scheibe zu bestellen oderzu ziehen und mich mongo nennen. Respekt. Zu mindest stehen wir auf die gleiche Musik
Naja, du bist ja auch ein Mongo.^^
Finde es immer schön wenn du einen von Deinen Fachbeiträgen bringst. Respekt
@Mongo-Mike
Interessante Schreibweise von "zumindest" - kannte ich bisher noch nicht...
hab ich von @dorque übernommen , man kann ja immer lernen.
Die ersten 7 Songs des Albums gefallen mir wirklich richtig gut... Und was Ohrwürmer anbelangt erfüllen Take me Down und Hangman all meine Wünsche.... Nach zwei Wochen ist die erste Hälfte immer besser geworden, wie ich finde, mal sehen ob der Rest noch nachzieht.