laut.de-Biographie
The Strokes
Der legendäre Winston Churchill hielt am 13. Mai 1940 eine legendäre Rede, in der er von "Blood, Sweat And Tears" redete. Blut, Schweiß und Tränen, das ist es auch, was die Strokes aus den Staaten Anfang des neuen Jahrtausends bieten. Laut, dreckig und rotzig ist das, was über den großen Teich schallt. "Hype, Hype, Hooray" titeln die Zeitungen kurz nach ihrer Ankunft. Zu Recht.
Kaum erklingen die ersten Töne der Strokes, steht die Musikwelt Kopf. Von der Wiederentdeckung der Gitarre ist da die Rede. Die Erleichterung ist spürbar: Endlich kommt wieder eine coole Rockband aus dem Zentrum der Hipster-Welt, aus New York. Vielleicht liegt der Hype aber auch an der ungezügelten Spielfreude und dem offensichtlichen Enthusiasmus für die Musik. Vergleiche mit Legenden wie den Velvet Underground, Lou Reed und Iggy Pop werden laut.
Julian Casablancas (Gesang) und Nikolai Fraiture (Bass) kennen sich, seitdem sie zusammen in New York zur Grundschule gingen. Jules' (* 23. August 1978) Vater gründete einst die Agentur Elite Models (hatte die größten Models der Neunziger unter Vertrag), doch Vater und Sohn sehen sich nicht oft. Julian wächst bei seiner Mutter auf, der ehemaligen Miss Dänemark. Muttis neuer Freund bringt dem Jungen gute Musik näher. Mit ihm hört der spätere Sänger seine ersten Doors-Platten.
Auch Nikolai (* 13. November 1978) erblickt in New York das Licht der Welt. Seine Eltern stammen aus Russland und Frankreich. Während Freund Julian nach der Grundschule aufs Internat in die französische Schweiz geschickt wird (angeblich hat Julian ein Problem mit der Dosierung von Alkohol), bleibt Nikolai in New York.
Auf dem Hunter College lernt er den Gitarristen Nick Valensi (* 16. Januar 1981) kennen. Auch dessen Eltern stammen aus Frankreich. Nick kennt Julian wiederum von seiner vorherigen Schule, der elitären New Yorker Dwight School, auf der sie auch mit dem Schlagzeuger Fabrizio Moretti (*2. Juni 1980) rumhingen. Fabs Vater ist Italiener, seine Mutter Brasilianerin. Seit er klein ist, sitzt er hinterm Schlagzeug, das zeitweise in einem schallisolierten Kleiderschrank steht. Die Nachbarn würden sich sonst beschweren. Bevor er zu den Strokes stößt, hat er vor, Kunstlehrer zu werden und belegt College-Kurse in Bildhauerei.
Auch Albert Hammond Jr. (*9. April 1979), der in der Position des zweiten Gitarristen zur Band stößt, ist schon früh mit Julian Casablancas verbandelt. Gemeinsam besuchen sie das Schweizer Eliteinternat Institut Le Rosey in der Nähe von Genf. Der Sohn des Popstars und Hit-Schreibers Albert Hammond Jr. (sein größter Hit war "It Never Rains In Southern California") entdeckt früh seine Liebe zur Musik. Später drückt er sich eine Weile davor, bis er sich traut, seinem Vater eine weitreichende Entscheidung mitzuteilen: Er werde das College abbrechen und künftig in einer Band namens The Strokes spielen. Entgegen Alberts Erwartungen ist der Papa begeistert.
Nachdem die Jungs zusammen kommen, proben sie wie die Verrückten. Die Schule bzw. das Studium haben sie inzwischen geschmissen. Julian schreibt die Songs, ist die kreative Kraft der Band. Alle haben nebenbei ihre Dayjobs, arbeiten in Kneipen und Videotheken. Abends spielen sie in der hippen New Yorker Mercury Lounge. Deren Booker Ryan Gentles liebt die Jungs. Diese Liebe geht so weit, dass er seinen Job schmeißt und mit sofortiger Wirkung Manager der Strokes ist.
Zusammen mit dem New Yorker Undergound-Producer Gordon Raphael nehmen sie die ersten Demos auf und schicken sie an unzählige Plattenfirmen, doch ein Feedback bleibt erst einmal aus. Schließlich erhält Geoff Travis vom englischen Rough Trade-Label einen Tipp, sich die Jungs einmal anzuhören.
Travis muss beeindruckt gewesen sein, denn er gibt den New Yorkern den ersehnten Deal. Im Januar 2001 erscheint das erste Lebenszeichen der Strokes - die EP "The Modern Age". Im Zuge der Veröffentlichung touren die Strokes durch die Clubs des Vereinigten Königreiches und wie eine Schneckenspur ziehen sie eine Welle der Hysterie hinter sich her.
Zurück in den Staaten machen sie sich sogleich daran, das erste Album in Angriff zu nehmen. "Is This It" erscheint Ende August 2001 in Europa. Der Hype hat ein neues Kind geboren: Hier kommen die Nirvana der Nullerjahre, schreibt man über die fünf New Yorker.
Wie so oft erregt das Cover (ein nackter Frauenhintern, auf dem eine in einen Lederhandschuh gehüllte Frauenhand ruht) in den USA Aufsehen - und so verschiebt sich die Veröffentlichung in der Heimat der Strokes um zwei Monate. Dort ziert nun ein Kunstwerk die Platte, das entfernt an ein Fenster einer alten europäischen Kirche erinnert. Auch der Song "New York City Cops" sorgt für Ärger. Stücke mit Textzeilen wie "New York City cops / They ain't too smart" könne man so kurz nach dem 11. September nicht auf den amerikanischen Markt bringen. Die Plattenfirma streicht den Song.
Doch all der Trubel kann nicht darüber hinwegtäuschen: Hier wird cool neu definiert. Tech House-Chic war gestern. Jetzt sind wieder enge Jeans, Chucks und Lederjacken angesagt. Und Military bedeutet bei den Strokes nicht Tarnfarben, sondern Marinejacken. So soll es sein, die Musikjournaille predigt täglich die Neugeburt der Gitarre. Alle Videos zum Album dreht Roman Coppola (Sohn von Francis Ford).
Nach einer ausgedehnten Welt-Tournee begeben sich die Jungs erneut ins Studio und veröffentlichen 2003 ihren Zweitling "Room On Fire", zwei Jahre später steht "First Impressions Of Earth" in den Läden. Zwischen diesen Aufnahmen sorgt Fabs Liaison mit der Schauspielerin Drew Barrymore für Schlagzeilen. Während Frontmann Julian Casablancas die Co-Managerin seiner Band Juliet Joslin ehelicht, genießt Nicolai Fraiture zum ersten Mal Vaterfreuden. Seine Freundin bekommt eine Tochter.
Nach fünfjähriger Powerpräsenz lassen es die Jungs in der Folgezeit dementsprechend ruhiger angehen. Die Mitglieder nehmen sich nach auszehrenden Touren und der großen Erwartungshaltung seitens der Fans und der Presse eine Auszeit von den Strokes und widmen sich stattdessen ihrem Privatleben oder gehen Solo-Projekten nach.
Sänger Casablancas etwa nimmt mit Pharrell Williams und Santogold den Track "My Drive Thru" auf. Sein Soloalbum "Phrazes For The Young" erscheint im Oktober 2009. Und während auch Albert Hammond Jr. unter seinem Namen solo aktiv ist, treten Fabrizio Moretti als Little Joy und Nikolai Fraiture als Nickel Eye in Erscheinung.
Gleichzeitig deutet sich das Ende ihrer "dringend benötigten Winterschlaf-Periode" an, wie sich die Band seinerzeit noch auf MySpace ausdrückt. Denn schon im Laufe des Jahres 2009 setzen sich Casablancas und Valensi zusammen, um Skizzen für neue Strokes-Songs zu entwerfen. Der Titel steht zu dieser Zeit auch schon: Der Viertling soll auf den Namen "Angles" hören.
Im Februar 2010 wird bekannt, dass die New Yorker für das Album mit dem Produzenten Joe Chiccarelli zusammenarbeiten, der auch schon für Frank Zappa oder die White Stripes produziert hat. Gleichzeitig tauchen sie in den Headlines einiger namhafter Festivals auf. Die Strokes sind zum ersten Mal seit 2006 wieder auf Bühnen zu sehen. Da fragt sich nur: Wo bleibt das Album?
Der tatsächliche Release verzögert sich - trotz hartnäckigen Gerüchten aus dem Bandumfeld, die Tracks seien längst fertig. Im Februar 2011 erscheint mit der Single "Under Cover Of Darkness" tatsächlich der erste Vorbote zum Langspieler. Und der inzwischen sehnlichst erwartete Nachfolger von "First Impressions Of Earth" erblickt schließlich im März 2011 das Licht der Welt.
Wie "Angles" bietet auch der Nachfolger "Comedown Machine" (2013) solide Strokes-Kost, die von den Millionen Fans nach wie vor heftig erwartet wird. Für "Comedown Machine" verzichtet die Band dennoch erstmals auf eine Tournee. Vielmmehr lässt Sänger Casablancas wenig Gelegenheiten aus, auf die steigende Wertigkeit seiner Solokarriere hinzuweisen. Mit "Tyranny" erscheint 2014 dann auch ein recht experientelles Album in Zusammenarbeit mit der Band The Voidz.
Dass gute Freunde so schnell niemand trennt, beweisen die Fünf nach vielen gegenteiligen Schlagzeilen dann 2016: Mit der "Future Present Past"-EP, die drei neue Songs beinhaltet, lässt man es altersgerecht aber ruhiger angehen.
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