laut.de-Kritik
Waldschrate im Gothic-Röckchen.
Review von Manuel BergerAuch wenn Tribulation noch immer mit Corpsepaint auftreten und ihre Bandfotos aussehen als wären verschneite Wälder ihr liebster Videodrehort, haben sie dem Extreme Metal längst abgeschworen. Wie schon auf dem stilprägenden Vorgänger zocken die Schweden auf "Down Below" Musik, die ein wenig klingt, als hätte eine Truppe schwarzmetallischer Waldschrate ihre neue Liebe in den Sisters Of Mercy gefunden, es aber nicht übers Herz gebracht, ihrem traurig in die Fichten grunzenden Sänger zu sagen, was Sache ist. Und daran tut sie gut, denn das Ergebnis ist großartig.
Mit ähnlich unwiderstehlicher melodiöser Kraft wie sie Ghost pflegen, staksen Tribulation durch die Dunkelheit. Gothic Rock-Atmosphäre herrscht, hier und da gibt es gar Anleihen in Richtung (Post) Punk, das Gitarrenduo Adam Zaars/Jonathan Hultén frönt NWOBHM-Harmonien. "Nightbound" lebt von den Doppel-Leads. Absolutes gitarristisches Highlight ist aber das mit butterweichen Melodien ausgestattete Outro von "Cries From The Underground".
Dass diese so gut zur Geltung kommen, liegt auch an den teppichartigen Rhythmusschichten. Selten verfallen Tribulation in zwingendes Riffing, lieber halten sie die Patterns offen. Groove entsteht in erster Linie dadurch, dass sie auf diese Weise allen Elementen genug Fläche geben, um ineinanderzugreifen. Gutes Beispiel dafür ist der Refrainbreak in "The Lament": Die Band nimmt abrupt das Tempo raus, die Rhythmusgitarre verlagert sich von punkigem Geschrammel auf lang gehaltene Akkorde, Johannes Andersson krächzt, die Leadgitarre dudelt darüber und Jakob Johansson am Schlagzeug bündelt alles zu einem doomigen Kopfnicker.
Für zusätzliche Dynamik reichern Tribulation ihre Songs gerne mit kleinen Gimmicks an. In "Lacrimosa" erklingt ein verwaschenes Barpiano. Zu so etwas bechern wohl Gespenster. "Subterranea" veredelt ein "Tubular Bells"- und damit "Exorzist"-ähnliches Spieluhrmotiv. Glockenspiel leitet "The World" ein, bevor sich Synthesizer und Gitarre zu erhabenen Soundwänden vermengen. Der Song weist zwar keinen echten Höhepunkt auf, glänzt trotzdem mit seiner schieren Kraft. Die düstere und von sparsamer Akkordarbeit geprägte Atmosphäre erinnert dabei etwas an Sólstafir – nur, dass Tribulation dabei wesentlich poppiger zu Werke gehen.
Wenn jemand verdient hätte, den Metal mal wieder in Ghost-Manier aus dem Dunklen heraus aufzurollen, dann Tribulation. Wohl niemand klingt aktuell so taufrisch, während er sich zwischen Tropfsteinhöhle, Kronleuchter und Kajalstiftchen hin und herbewegt, wie sie. Statt wie zwischen den Vorgängern erneut eine deutliche musikalische Zäsur anzustreben, hat die Band den auf "Children Of The Grave" etablierten Sound optimiert und zeigt sich mit "Down Below" auf ihrem kreativen Höhepunkt. Wann kommt die nächste Platte?
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