laut.de-Kritik
Kein Stimmvolumen, kein Charisma, kein Bock.
Review von Yannik GölzDrei Fragen: Was zur Hölle ist dieses Cover? Wer hat Trippie Redd weisgemacht, dass romantische R'n'B-Crooner total seine Stärke sind? Und am wichtigsten: Warum zum fliegenden Fick ist dieses Album 26 Tracks lang? Nach seinem vielversprechenden Erstkontakt in der Szene mit "Love Scars" kämpft der Ohio-Rapper mit jedem neuen Mixtape ein bisschen verzweifelter um seinen Wiedererkennungswert. Die Taktik der völligen Übersättigung hilft ihm auf "Pegasus" dabei allerdings überhaupt nicht.
Es fasziniert, wie weit große Teile dieser Platte inzwischen davon entfernt sind, die frühen Stärken von Trippie zu bespielen. Statt jugendlichem Melodrama und schroffer Intensität liefert "Pegasus" neben anonymen Featurenummern Opiat-Crooner zum Einschlafen en masse. Die vollen ersten sechs Nummern, so okay sie in Isolation auch klingen mögen, verschmelzen zu einer uninspirierten Wall des Dämmerzustandes. Dabei verletzt er die klassische Faustregel zu Xanax-Rap: Er sollte unter Drogen besser werden – nicht Drogen brauchen, um zu funktionieren.
Wisst ihr aber, was der beschissenste Moment ist, wenn man gerade die richtig langweilige erste Hälfte eines Albums gehört hat? Zu realisieren, dass man nicht einmal bei einem Viertel der Laufzeit angekommen ist. Trotzdem: Wer das erste halbe Dutzend Songs und die daraus errichtete Eismauer der völlig ereignislosen Monotonie erklommen hat, wird immerhin mit ein paar solideren Songs belohnt.
"V12", Titeltrack "Pegasus" und das aberwitzig dumme "Weeeeee" sind so etwas wie Highlights, auch wenn sie in Trippies besseren Tapes bestenfalls am Durchschnitt kratzen würden. Zumindest geht er hier soweit, wieder ganze Verses zu schreiben – wenn auch meist nicht mehr als einen pro Song. Trotzdem werden auch diese besseren Momente von Nummern wie "Good Morning" unterbrochen.
Nicht nur, dass Trippie das Stimmvolumen und das Charisma fehlt, um den verzweifelten Lover auf Band gut zu transportieren, er scheint zumeist auch gar keinen Bock zu haben. So viele Songs hier bestehen aus repetitiven Phrasen-Loops, die in ihrer militanten Plattitüdenhaftigkeit gar keine emotionale Delivery zuließen. Es erschreckt, dass Songs hier teilweise doch echt an das Grabräuber-Projekt "Skins" vom XXXTentacion-Nachlass erinnern. Die mussten dreißigsekündige Vocal-Riffs auf ganze Songs strecken, weil es wirklich keinen Part mehr zu verwursten gab. Warum ein quietschlebendiger Trippie Redd dasselbe tun muss und dann auch noch auf ein Album holt, das 25 andere Songs beinhaltet, bleibt schleierhaft.
Die Energie dieser Snoozer kratzt so nah am Absolutnullpunkt, dass ein kleines Aufdrehen des Tempos das Hirn zu glauben austrickst, es wäre jetzt mit einem Höhepunkt konfrontiert. Aber dass jemand mal eine Kickdrum abspielt, macht "No Honorable Mention" und "Kid That Kidd" nicht weniger generisch. Das liegt vor allem an den imposant hingeschissenen Features von Quavo, Future und Lil Mosey. Generell klingen viele Features hier, als hätten befreundete Rapper einfach langweilige B-Seiten beim Aufräumen gefunden und Trippie gesagt, er könne damit machen, was er will. So belanglos das alles klingen mag, dankt man letzten Endes doch jedem Feature auf Knien, die hier dargebotene Schlafparalyse ein bisschen aufzubrechen.
Thugger ist okay, Doe Boy macht sein Ding, und - auch wenn ihre Parts beschissen sind - ist zumindest die Anwesenheit von Busta Rhymes und Sean Kingston irgendwie unterhaltsam. Nur um Chris Brown dankt man es nicht. Der ist nämlich genau so langweilig wie der Hauptdarsteller, und dazu noch ein richtig schlechter Mensch.
Das ist Trippie ja eigentlich nicht. Der Junge könnte ja sogar, wenn er wollte. Die Frage ist, ob das Scheitern von "Pegasus" auf Nichtwollen oder Nichtkönnen zurückzuführen ist. Das ganze Album ist von so vielen so bizarren und kaum nachvollziehbaren Entscheidungen geprägt, man möchte daran glauben, dass hier irgendein Insider-Witz am Werke war. Lediglich drei oder vier Songs erinnern daran, dass er vor zwei oder drei Jahren noch als Toptalent durchging. Musikalisch bietet "Pegasus" nichts, davon aber eine ganze Menge.
2 Kommentare mit 3 Antworten
Da geh ich mit. Viel zu lang und gerade im ersten Viertel viel zu monoton. Paar Tracks wie Sleepy Hollow und Weeeeee gehen aber gut rein. Insgesamt 2/5 weil besser als der Bratan, Juri oder 69.
Habe ein paar Tracks gehört und finde gefallen am schiefen gecroone. Natürlich viel zu lang und teilweise recht generisch, aber 2/5 hätte ich schon gegeben.
Sehe ich ähnlich, vor Allem da Yannik ja eigtl Schrott sonst gern mag.
Er ist halt eher der Lil Mosey Fanboi, Trippie trippt ihm da way too hard.
Ich sehe da auch keinen Unterschied zu allem, was hier so von ihm elogiert wird. @MannIN: Ganz ehrlich und unironisch gemeint, kannst du vllt erklären, wenn du dem gegenüber aufgeschlossen bist, wie sich guter Trap hiervon abhebt? Für mich klingt fast jeder Song und jedes Autotune Gejaule identisch...