laut.de-Biographie
Under The Influence Of Giants
Selten drückt eine Band schon in ihrem Namen aus, dass die eigene Kreativität nicht ohne die Kompositionsleistungen anderer zustande gekommen wäre. Derlei Berührungsängste kennen Under The Influence Of Giants nicht. Gehörig unter dem Einfluss von Musik-Giganten sehen sich nämlich vier Kerle aus Los Angeles und hört man sich ihr gleichnamiges Debütalbum aus dem Jahr 2007 an, kommt einem da gleich so einiges in den Sinn.
Ob die aus der selben Stadt stammenden Red Hot Chili Peppers oder gar Earth, Wind & Fire aufgrund des Funk-Faktors, die Talking Heads aufgrund verschrobener Rhythmik, Michael Jackson und Prince dank des schillernden Pop- und Dancefloor-Bezugs, die Bee Gees ob des Falsetts oder gleich die Beatles dank der mehrstimmigem Gesangschöre; diese Band bringt zusammen, was zunächst einmal nicht zusammen gehört und verbreitet mit dem Ergebnis einen Virus, der jede Quarantäne überflüssig macht.
Dennoch sind UTIOG meilenweit davon entfernt, nur wie eine müde Kopie derer zu klingen, die ihre Melodien vielleicht mitgeprägt haben. Dies liegt allen voran am mitreißenden Organ von Sänger und Blondschopf Aaron Bruno, der sowohl die tiefen Tonlagen als auch das Falsett beherrscht. Seiner akrobatischen Performance ist es auch zu verdanken, dass man den UTIOG-Sound ab und an mit den Scissor Sisters vergleicht. Neben Bruno sind Jamin Wilcox (Drums, Keyboards), Drew Stewart (Gitarre) und der gerne schnauz- oder vollbärtig auftrende David Amezcua (Bass) Mitglieder der lernwilligen Giganten-Gang.
Der Vierer besteht streng genommen schon seit dem Jahr 2000, da er aus der Band Home Town Hero hervor geht und kann daher auch schon zwei Besetzungswechsel vorweisen. An der Southern California Westlake High School lernen sich Bruno und Gitarrist Stewart Ende der 90er Jahre kennen, finden im jeweils anderen das Pendant eines musikbesessenen Freaks und gründen die Punkband Ice Monkeys, um sich am Stil von Sick Of It All und Rancid zu versuchen. Als Hardcore ihren Horizont erreicht, benennt man sich um in Insurgence, doch auch die musikalischen Grenzen ihres neuen Genres bereiten den Jungs bald Probleme.
Dann treffen Bruno und Stewart auf Bassist Todd Burnes und Drummer Ray Blanco und scheinen ihrem erklärten Ziel, jegliche stilistische Schranken niederzureißen, plötzlich deutlich näher zu kommen. Die Band nennt sich nun Home Town Hero und komponiert Songs, die dem Klangbild des Grunge einen positiven Vibe unterjubeln. Die Ergebnisse werden der unmittelbaren Nachbarschaft in Clubs wie dem Roxy und dem Whisky A Go-Go rasch auf dem Silbertablett präsentiert.
Obwohl die Hochzeit des Grunge zu diesem Zeitpunkt schon ein Weilchen her ist, ergattern HTH im Frühjahr 2001 dank zahlreichen Live-Gigs und der Teilnahme an der Warped Tournee 2000 den heiß begehrten Plattenvertrag. Als Günstling tritt Madonnas Maverick-Label in Erscheinung. Das selbstbetitelte Debüt nehmen Home Town Hero mit Produzent John Travis (Kid Rock) in Malibu auf, im selben Studio übrigens, in dem die befreundeten Jungs von Incubus ihr Hitalbum "Morning View" veredelten.
Als die Platte im Mai 2002 erscheint, sorgt vor allem die Single "Questions" für Wirbel um die Jungs und neben einer weiteren Vans Warped Tournee ergattert man auch Supportslots für große Namen wie Weezer, Stone Temple Pilots und natürlich Incubus. Jene Gigs erweisen sich allerdings nicht als das erhoffte Sprungbrett, vor allem die Stone Temple Pilots-Fans machen ihrem Unmut bei einigen Konzerten Luft und lassen Trinkbecher auf Home Town Hero regnen.
Nachdem auch die Albumverkäufe zu wünschen übrig lassen, machen Burnes und Blanco den Abgang. Der Split ist den übrig gebliebenen Mitgliedern Bruno und Stewart überraschenderweise nicht unrecht, denn mit Jamin Wilcox, dessen Vater schon bei Hall & Oates am Schlagzeug saß, ist sogleich ein neuer Trommler am Start. Wilcox verlässt für Bruno und Stewart seine damalige Band Audiovent und zu dritt entstehen Songs, die deutlich nach Neuorientierung klingen.
Die krude Pop-Funk-Mischung stellt man mit schnell akquiriertem Live-Bassisten in verschiedenen Clubs in L.A. vor und schon bald lockt das Boardner's in Hollywood den Vierer mit einer wöchentlichen Residency. Dies ist der Geburtsort von Under The Influence Of Giants, denn an diesem Ort verabschiedet man sich endgültig von der früheren Band-Existenz und spielt sich über Monate mit neuen Songs in die Herzen potenzieller UTIOG-Fans.
Diese erfreuen sich an einer 5-Song-EP, die auf den Gigs und online verkauft wird, darunter bereits der Smasher "Mama's Room". Allmählich wachen auch die Labels auf, die bis zu diesem Zeitpunkt verständlicherweise wenig Interesse für eine bereits gefloppte Band aufbrachten. Offiziell ist die Band noch bei Maverick unter Vertrag, mit denen die Beziehung allerdings zusehends schwierig wird. Es darf davon ausgegangen werden, dass die Idee einer Band-Umbenennung das Label nicht sonderlich glücklich stimmte. Die neuen Songs werden auf Mavericks Labelpage zwar noch als kommende Home Town Hero-Veröffentlichung mit dem Titel "Bitch City" angekündigt, doch als Universal ins Spiel eingreift, trennen sich beide Seiten und die Kalifornier machen sich an die ersten Aufnahmen für Under The Influence Of Giants.
Dass keiner der Songs vom geplanten Zweitwerk "Bitch City" 2007 auf dem UTIOG-Debütalbum landet, hat rechtliche Gründe. Doch mit Basser David Amezcua, der im Zuge der Boardner's-Gigs seinen Live-Vorgänger ablöst, findet man zur endgültigen Besetzung. Amezcua gehört zum Kreis früher Supporter der Band und fand dadurch schnell Eingang in den Freundeskreis. Nach den guten Erfahrungen mit den Produzenten Brad Smith und Christopher Thorn, die bei den Arbeiten an der 5-Track-EP beteiligt waren, engagiert die Band für das Album erneut die zwei ehemaligen Mitglieder der 90er Crossover-Band Blind Melon.
In den USA erscheint "Under The Influence Of Giants" bereits im Sommer 2006, doch die Mühlen in Europa mahlen bei US-Newcomern gerne mal langsamer. So auch im Falle der Kalifornier. Im März 2007 reist das Quartett als Support der schwedischen Rocker The Sounds durch die Lande, ohne allerdings ihr Album am Merchandise verkaufen zu dürfen. Offensichtlich der Nachteil eines mit strengen Paragraphen ausgestatteten Majorlabel-Vertrags.
Den strengen Verkaufsvorstellungen der Industrie wird das 2007 auch hier veröffentlichte Debütalbum dann aber weder dies- noch jenseits des Atlantiks gerecht (ca. 50.000 verkaufte Alben in USA). So verwundert es kaum, dass die einzelnen Mitglieder bald Soloaktivitäten nachgehen. UTIOG sind schon nach einem Album Geschichte. Für Aaron Bruno wiederholt sich die Geschichte drei Jahre später: Seine Band Awolnation ergattert dank Mundpropaganda und Internet-Hype wieder einen Plattenvertrag.
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