laut.de-Kritik
Das hat nichts zu tun mit Kunst.
Review von Matthias MantheMan muss schon mächtig aufpassen, will man den Zitronen nicht die Ungerechtigkeit der Historisierung antun. Zur bloßen Vergegenwärtigung: Es liegen 24 Jahre bewegte Geschichte hinter den Hamburgern. Man war Funpunk im Karnevalskostüm, als Punk sich noch im rebellischen Gestus erging; man bewies Zeitgeist-Gespür, als nach der Wiedervereinigung ein vermeintlich überlebtes Deutschland wiedererwachte; zuletzt betrieb man ein dialektisches Pingpong-Spiel mit dem Spiegelbild, als Kunstbetrieb und Kulturproduktion das Bandwesen zu vereinnahmen drohten.
Ted Gaier und Schorsch Kamerun haben ihre güldenen Aphorismen so oft in die offenen Wunden von Staat und Subjekt gelegt, es genügte, um damit ganze Palasttrakte zu fluten. Der vorliegende Tributsampler begnügt sich indes mit 23 Beiträgen. Wie weit das Spektrum derer reicht, die von den popkulturellen Diskurs-Bereitern seit den Achtzigern inspiriert wurden, ist beeindruckend: Von "Porsche, Genscher, HSV" bis "Lenin" covert sich ein bundesweiter Reigen durch das Œuvre.
Stilmitteltechnisch kannten die Urheber schließlich auch nie Hemmungen. "Tribute To ..." konfrontiert uns mit Conscious Elektro, Grindcore, Renaissance Ska, Oriental Metal. Und zwar nicht trotz, sondern gerade weil das Gewicht bei den Zitronen immer schon auf dem Inhaltlichen lag anstatt auf etwaiger musikalischer Homogenität.
Die unter Beteiligung geistig Behinderter operierende Station 17 zum Beispiel demonstriert, dass die Peer Group für selbstreferenzielle Paranoia und postmodernistisches Unbehagen definitiv jenseits von Yuppie-Gruppen mit Handyvertrags-Fesseln liegt. Selbstreflexion geht uns alle an.
Auch Bernadette La Hengst trifft lyrisch den vitalen Zitronen-Kern: "Das kann doch nicht zusammengehen: Widerspruch und Popsong?!" Herr Neumanns Interpretation vom 1994er "Das Hat Nichts Zu Tun Mit Kunst" passt nicht minder zum Bandkonflikt der Nullerjahre, den proklamierten Dissenz in mondäne Vernissagen getragen zu sehen.
Dass das Cover nach "Punkband beschallt seit Jahrzehnten die Jugendzentren von Herne bis Wuppertal und ist tendenziell zufrieden mit dem Erreichten" aussieht, dass der Livebeitrag "Der Wiederholer" eigentlich eher nach zweiter Wahl klingt, dass sich auf der CD ein "200-500 revolutions per minute"-Aufdruck befindet - allein das bestätigt, dass die Goldenen Zitronen gerade im Jahr 24 souverän understated vorangehen. Und vorangehen müssen.
Im Fundament ihrer eigenen Initialisierung hat diese derzeit wichtigste (?) deutschsprachige Gruppierung sowieso schon gestochert, als sich manch einer noch selbst in New Economy oder Patriotenpathos salbte. Und nun hab ich doch noch historisiert. Mögen mir die Kunstschaffenden verzeihen.
5 Kommentare
Zwanghaft pseudointellektueller Blödsinn wie:
"...demonstriert, dass die Peer Group für selbstreferenzielle Paranoia und postmodernistisches Unbehagen definitiv jenseits von Yuppie-Gruppen mit Handyvertrags-Fesseln liegt. Selbstreflexion geht uns alle an."
statt Plattenreview. Kann man nur hoffen, dass dem Autor dabei wenigstens einer abgegangen ist, dann hat wenigsten einer was davon.
Selbstreflexion geht uns alle an. Wie wahr.
schrott platte
zwanghaft pseudointellektueller blödsinn trifft es exakt. und dabei hat der rezensent wohl noch nicht einmal begriffen, dass das cover eine referenz an velvet underground darstellt.
mit etwas augenzwinkern würde es auch bei dir klappen.
ich persönlich stehe ja auf diese leicht "spex-mäßig" verfassten kritiken, aber das muss man nicht teilen.
das cover ist allerdings wirklich der hammer.
andy hätte seinen spass mit diesem selbstironischen "plagiat" gehabt.