laut.de-Kritik
Never change a winning ... concept.
Review von David HilzendegenEine alte Fußballerweisheit lautet: "Never change a winning team". In Zeiten modernen Fußballs und der Rotation sollte der Spruch eher "never change a winning concept" heißen - wer spielt ist egal, Hauptsache erfolgreich.
Das dachten sich wohl auch die Verantwortlichen der Verve Music Group und gaben ihre Archive mehr als drei Jahre nach "Verve Remixed 3" ein weiteres Mal frei. Jeweils über eine halbe Million Exemplare der Vorgänger gingen über die Ladentheke, dementsprechend bringt die neuerliche Öffnung der Mottenkisten zwar wenig Überraschendes, dafür aber gewohnt solide Hausmannskost für Jedermann.
Was einigermaßen bedauerlich ist, schließlich zählt das Jazz-Repertoire des Verve-Archives zu den größten der Welt, in dem mit Sicherheit die eine oder andere unbekannte Perle schlummert. Trotzdem stehen wieder hauptsächlich Titel der alten Bekannten auf dem Tableau: Sarah Vaghaun war bereits viermal vertreten, Ella Fitzgerald ebenso wie Astrud Gilberto dreimal. Den Rekord hält Nina Simone, die auf der aktuellen Ausgabe ihre Beiträge sieben und acht verewigt sehen würde, so sie denn noch am Leben wäre.
Was sich dafür unaufhörlich ändert, sind die Namen, die hinter den Plattentellern stehen. Während in der Vergangenheit Leute wie Koop, RJD2, Lyrics Born und Tricky die Remixfahnen hoch hielten, treten nun u.a. Truth & Soul, das Cinematic Orchestra, Diplo und 9th Wonder an, das Erbe zu verteidigen.
Letztere setzen die Höhepunkte der Platte: Roy Ayers legendärer Hippie-Jazz-Funk "Everybody Loves The Sunshine" auf bummsenden 9th Wonder-Bässen – das dürfte der Sommersoundtrack für sämtliche Lounges der Republik sein.
Auf das gleiche Rezept setzt Diplo mit Marlena Shaws "California Soul", das zwar seltener gesampelt wird als Roy Ayers, durch Gang Starrs "Check The Technique" in Hip Hop-Kreisen dennoch ähnlich bekannt sein dürfte. Während das Original zur Spazierfahrt im Cabrio entlang der US-Westküste einlädt, ist Diplos Re-Interpretation eher das Titellied des trampenden Typs am Straßenrand: Irgendwo zwischen Zufriedenheit und Ungeduld, Entspannung und Aufgewühltheit.
Klarer und direkter geht es beim Godfather James Brown zur Sache. Mit dem Orchester von Louie Bellson unternahm er seinerzeit einen Ausflug in jazzige Bigband-Gefilde. Dass der Funk dabei trotzdem nicht auf der Strecke bleibt, versteht sich von selbst. Daran zu rütteln traut sich auch Kenny Dope im Remix nicht.
Ebenso wenig überrascht das Cinematic Orchestra: "I Get A Kick Out Of You" verleitet dank zweier gezupfter Akustikklampfen wie eh und je zum Kopfkino und beschreibt somit mehr oder weniger unfreiwillig das Fazit der Platte: Alles gewohnt zufrieden stellend, im Westen nichts Neues.
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