laut.de-Kritik
Schreie der Verzückung zu später Stunde ...
Review von Daniel Straub50 Veröffentlichungen in fünf Jahren kann Marco Haas Berliner Label Shitkatapult inzwischen auf der Haben-Seite verbuchen. Längst ist Shitkatapult zum Inbegriff für feine elektronische Musik zwischen kopflastigen Minimal-Experimenten und in die Hüften-fahrendem Electro-Punk geworden.
Kaum ein DJ, der die Geheimwaffen aus dem Hause Shitkatapult nicht gerne mit in sein Plattentäschlein packt, um damit zu vorgeschrittener Stunde ekstatische Schreie der Verzückung auszulösen. Klar, dass es bei solch einem Jubiläum gerne mal ein bisschen mehr sein darf.
Also schmückt Shitkatapult seinen Back-Katalog mit einem wuchtigen Vierfach-Vinyl sowie einer schmucken DVD. Auf der tänzeln allerlei exklusive Bilder, wilde Animationen und schräge Collagen zu bekannten Grooves vom schwedischen All-Star Hakan Lidbo oder hüpfen zu den schmeichelnden Rhythmen seines finnischen Nachbars Sami Koivikko über die Mattscheibe.
Die subversiv-ironischen Stammtisch-Terror-Parolen von Das Bierbeben finden genauso ihren optischen Widerhall wie die abgefuckten Grooves aus dem Studio von T.Raumschmiere. Ein überzeugendes Gastspiel auf "Special Musick For Special People" gibt auch der Sender Records-Act Peter Grummich, dessen trocken rockender Track "Fasern" vom Video-Künstler Kokoma mit lustigen Animationen im Stile von Monty Pythons Flying Circus garniert ist.
Damit sind die Highlights der DVD leider auch schon benannt. Über die volle Spielzeit macht sich doch ein deutlicher Ermüdungseffekt bemerkbar.
Zu austauschbar ist die Ästhetik der bildlichen Entwürfe zu den Tracks. Hier kommt zum Tragen, dass die Videos im Nachhinein zu den Stücken konzipiert wurden, was vielleicht so manchen schnellen Kompromiss begünstigt haben mag.
Ideen wie bei Gwems "Fymw", das Alexandre Singh in einen bissigen Kurzfilm umgesetzt hat, sind eher die Ausnahme, denn die Regel. In der Bonus-Sektion lassen uns Das Bierbeben und T.Raumschmiere für einen Track lang an ihrer Bühnenshow teilhaben, und Modeselektor zeigen, dass ihre Liveauftritte durchaus als Augenschmaus taugen.
Ganz am Ende zeigt der Ex-Hardcore-Drummer Marco Haas, was er im Jahr 2004 unter Punk Spirit versteht: 24 Songs im praktischen MP3-Format zum gemütlichen Überspielen auf eine Festplatte, sei sie im Computer verborgen oder als postmodernes Walkman-Äquivalent in der Jackentasche versteckt.
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