laut.de-Kritik
Nur wer sich ändert, bleibt sich treu ...
Review von Joachim GaugerDie Bap der Vergangenheit gibt es im Grunde gar nicht mehr, und vielleicht ist dies der Grund, warum Wolfgang Niedecken für die Jubiläums-Best Of "Dreimal Zehn Jahre" die besten und bekanntesten Bap-Songs mit Hilfe angesagter deutscher Stars neu eingespielt hat. Offenbar liegt sein Augenmerk weniger auf den Leistungen der Vergangenheit, sondern vor allem auf den heutigen Bap, auf der Tatsache, dass die Band sich in dreißig Jahren immer wieder neu erfunden hat.
Sicherlich hätte er auch einfach die Original-Versionen von Hits wie "Verdamp Lang Her" oder "Kristallnaach" verwenden können. Doch dann wären eben auf der Jubiläums-CD lauter Leute zu hören gewesen, die heute mit Bap überhaupt nichts mehr zu tun haben, ist doch Sänger und Bandchef Niedecken das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Und schließlich hatten Bap ihre älteren Hits ja ohnehin längst mehrfach umarrangiert, nicht zuletzt um sie für ihre Liveauftritte in veränderter Besetzung tauglich zu machen.
Von "Anna" beispielsweise habe es ohnehin schon "tausenderlei Versionen" gegeben, berichtet Niedecken, doch die hier vorliegende sei "die erste, die sich wirklich vom Groove des Originals löst und abrockt". Da will man sofort zustimmen, allerdings nicht begeistert. Mancher fand vielleicht, dass erst sein Groove aus diesem Stück etwas Besonderes machte, während die aktuelle Fassung mit ihren geraden Rhythmen Tempo macht und doch an Schwung einbüßt.
Vor allem den langjährigen Begleitern der Band dürfte es wohl mit vielen Stücken so oder ähnlich gehen. Wer Musiker wie Thomas D, Xavier Naidoo, Laith Al-Deen, Ray Davies von den The Kinks oder Herbert Grönemeyer ins Studio einlädt, der muss natürlich damit rechnen, dass die Stars eigene Vorstellungen mitbringen und vom "Bap-Gefühl" zwangsläufig einiges verloren geht. So vermissen die Fans der ersten Stunde etwa auf "Verdamp Lang Her" Heusers Gitarre besonders schmerzlich.
Doch, um mit einem Geistesverwandten Niedeckens zu sprechen, der im Booklet auch genannt ist: Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. Und so zeugen die neuen Versionen jedenfalls von einigem Mut und vom Willen zur Erneuerung. Zwar wirkt Thomas Ds Stimme in der neuen Fassung von "Verdamp Lang Her" wie ein Fremdkörper, doch zumindest alle Nicht-Kölner werden begrüßen, dass sie plötzlich sogar den Text verstehen können.
Andere, weniger typische Bap-Stücke wehren sich nicht so energisch gegen die fremden Interpreten. Die heitere Stimmung, die Culcha Candela mit ins Studio bringen, passt wie die Faust aufs Auge zu dieser überdrehten Persiflage. Angemessen auch das Moment der Verletzlichkeit, das Meret Becker zu "Paar Daach Fröher" beisteuert, oder die Wut eines Henning Wehland (H-Blockx) in "Widderlich".
Leider zerstreut auch ein gestandener Sänger wie Xavier Naidoo nicht die Zweifel an Helmut Krummingas songwriterischen Fähigkeiten. Auch der neue Track "Nähxte Stadt" wirkt im Vergleich zu dem unmittelbar folgenden skurrilen Beitrag von Herbert Grönemeyer wie Bierzelt-Stampfmusik. Allerdings hat sich Herbie für sein Geburtstagsständchen mit Gluck nicht den schlechtesten Komponisten ausgesucht und mit Goethe nicht den schlechtesten Texter.
An den Anfang, vor die nach ihrem Entstehungsjahr geordneten Tracks, hat Niedecken übrigens mit dem extra für diesen Anlass geschriebenen Titelsong einen Prolog gestellt. In dem sentimentalen Rückblick verarbeitet der Sänger die wichtigsten Erlebnisse während der "Dreimal Zehn Jahre" Bap, darunter Elvis' Tod, die Schleyer-Entführung oder die Besetzung des Kölner Stollwerck, aber auch Bap-bezogene Themen wie die ersten Auftritte in China und Nicaragua. Und am Schluss hebt er noch ein Glas "op die vun uns, die't hinger sich hann". Schön, dass er seine alten Mitstreiter nicht ganz vergisst.
Noch keine Kommentare