Porträt

laut.de-Biographie

Culcha Candela

Berlin bescherte uns die Loveparade, Gangsterrap, Neo-NDW und mit Seeed die erste bekannte deutschsprachige Dancehall-Kapelle. Auch Culcha Candela besteigen den Ring mit einem kulturell bedingten Genremix, der sich gewaschen hat.

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Die Gruppe besteht zu Beginn aus sechs Vokalisten und einem DJ, jeder mit anderem musikalischem Ursprung und unterschiedlicher Zielsetzung. 2001 gründen Itchyban, der auf Deutsch und Englisch rappt, der Kolumbianer Lafrotino und der Reggae-Artist Johnny Strange die Band. Später kommen noch der kolumbianische Rapper Don Cali, der karibische Drummer und Wortakrobat Larsito, der auf Patois singende Mr. Reedoo, Chino Con Estillo und der Produzent Krutsch dazu, der vorher schon für Dejavue Beats gebastelt hat.

Ihre Multikulturalität gewinnbringend zu thematisieren, liegt jedoch nicht in der Absicht der Berufschiller. "Lebendiger kann ein Statement kaum sein, oder? Darum haben wir uns bewusst gegen diese Anti-Rassismus-Songs entschieden. Wer mit uns feiert, hat das Wichtigste schon kapiert", meint Reedoo.

Man muss nicht Adam Riese heißen, um zu erkennen, dass ihre Mischung aus Reggae, Dancehall, Salsa, Hip Hop und Ragga in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Patois genug Potenzial birgt, um Langeweile gar nicht groß aufkommen zu lassen. Culcha Candela setzen 2004 die Tradition von Sean Paul, Seeed und Gentleman fort, mit Dancehalladaptionen den (ebenso traditionell leicht verspäteten) Soundtrack des Sommers zu landen. "Union Verdadera" erntet weitgehend gute Kritiken, die gleichnamige Singleauskopplung rockt die nationalen Reggaeveranstaltungen.

Die Berliner mausern sich über die Jahre zu einer der beliebtesten Livebands der Nation und gehen auch in einem Bus mit den französischen Hip Hop-Stars Saian Supa Crew auf Tour, deren Musik auf einer zumindest ähnlichen Schiene fährt.

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Als Gegenpol zu den unzähligen Open-Mic-Sessions und 1on1-Battles der Hauptstadt veranstalten Culcha Candela jeden Monat in Berlin die Culcha Nite. Im Vordergrund steht hier das friedliche Zusammensein von Fans verschiedener Genres, ohne dabei jemanden auszugrenzen und sich auf seine eigene Crew zu versteifen.

2005 remixt die Truppe, deren Namen zu deutsch übrigens so viel wie "Heiße Kultur" bedeutet, "Sientelo", den Sommerhit von Speedy und Lumidee. Nach einem stürmischen Jahr begibt sich die Band 2006 zurück in die Hauptstadt und arbeitet am neuen Album. Alles soll "schöner, besser, größer" werden. Wie genau die Umsetzung dieses Konzepts aussehen soll, stellt sich nach zahlreichen Sessions heraus.

Nach fünf gemeinsamen Jahren sind sich die Herren ihres Stils so sicher, dass sich Entspannung über ihr drittes Studioalbum legt. Weg vom Reggae, hin zum Hip Hop, auch ein wenig weg von Weltpolitik, hin zu Persönlichem. So gelangt die Gruppe zu einer bisher nicht dagewesenen Professionalität, die aber ihre Leidenschaft nicht ersticken soll.

Was nach einem schwierigen und komplizierten Unterfangen klingt, mündet im Spätsommer 2007 in einem leichtfüßigen selbstbetitelten Album. Kraans de Lutin (auch tätig für Martin Jondo und Tiger Hifi) und Andreas Herbig (unter anderem für Ich & Ich, Reamonn) und Culcha selbst produzieren "das Album". Nicht nur die Texte sollen nämlich persönlicher sein, auch die dahinter liegende Musik solle direkt aus den Fingern der Band bei den Fans ankommen.

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Mit eben diesem Album im Gepäck touren sie wiederholt durch Deutschland, wobei sie auf und hinter der Bühne mitschneiden. Das resultiert in einer Live-CD nebst Doppel-DVD mit dem Namen "Culcha Candela Live", die das Abschluss-Konzert der "Hamma!"-Tour in Berlin für die Nachwelt festhält.

Culcha Candela haben ihr Rezept für Erfolg gefunden und bleiben diesem auch nach Lafrotinos Ausstieg im Jahr 2010 treu. Nur dass sich ab "Schöne Neue Welt" vermehrt elektronische Einflüsse hinzugesellen, die man auch auf "Wildes Ding" vom Album "Flätrate" hört, das 2012 als Titelmelodie des Dschungelcamps fungiert. Noch im diesem Jahr nehmen sich die Berliner eine Auszeit, um sich anderen musikalischen Projekten zuzuwenden.

2014 veröffentlicht Itchyban unter seinem richtigen Namen Mateo sein erstes Solo-Album "Unperfekt". Im gleichen Jahr verlassen Larsito und Mr. Reedoo die Band, um sich ganz ihren Solokarrieren zu widmen. Anfang 2015 unterzeichnen die vier verbleibenden Mitglieder bei Warner Music.

Dort erscheint im Sommer desselben Jahres das nächste Studiowerk "Candelistan". Für den Nachfolger "Feel Erfolg" wechselt die Formation zu RCA. Besagtes Album kommt 2017 auf den Markt.

mit schon fast zwei Dekaden Bandgeschichte im Rücken lässt sich gut und gerne schon das zweite Best-Of-Album füllen: "Besteste" kommt im Dezember 2019. Im darauffolgenden Jahr passiert nicht viel - aus Gründen. Ungeschickt formulierte Kritik an den Corona-Maßnahmen lässt Culcha Candela zwischenzeitlich aber ein kühles Lüftchen um die Nasen wehen: vielleicht mit ein Grund dafür, warum "Top Ten" 2021 nicht nur den Einzug unter die besten Zehn, sondern gleich ganz den Einstieg in die Charts verpasst?

Pandemie hin oder her, spätestens Anfang 2023 läuft der Kulturbetrieb aber wieder, und auch die Diskografie von Culcha Candela erhält weiteren Zuwachs: Mit "Zu Wahr Um Schön Zu Sein" beweisen die Berliner erneut ihre Fähigkeit, aus bekannt anmutenden Versatzstücken funktionale Clubtracks zusammenzuschrauben. Ihren Hang zu Wortspielen, den der Titel wieder einmal durchschimmern lässt, muss allerdings aushalten, wer an dieser Platte Freude haben möchte.

Uneingeschränkt positiv gestaltet sich der Einsatz der Band abseits der Musik: Culcha Candela engagieren sich regelmäßig sozial, sie unterstützen etwa die Arche Berlin und Seenotrettungs-Organisationen und sprechen sich offen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aus.

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Culcha Candela - Besteste: Album-Cover
  • Leserwertung: 1 Punkt
  • Redaktionswertung: 1 Punkte

2019 Besteste

Kritik von Toni Hennig

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Die Culchas beenden den Open Air-Sommer in Bonn - und wie!, Open Air in Bonn | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Culchas beenden den Open Air-Sommer in Bonn - und wie!, Open Air in Bonn | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Culchas beenden den Open Air-Sommer in Bonn - und wie!, Open Air in Bonn | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig) Die Culchas beenden den Open Air-Sommer in Bonn - und wie!, Open Air in Bonn | © laut.de (Fotograf: Peter Wafzig)

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