laut.de-Kritik
Der Godzilla des Reggae flext Neider und Hater.
Review von Tobias KrausUnaufhaltsam entern seit geraumer Zeit Reggae- und Dancehallvibes die Gehörgänge und Magengruben der Tanzwütigen in D-Land. Sie bringen Hintern zum Wackeln und junge Menschen dazu, irre Tänze aufzuführen. D-Flame, echter Frankfurter Bub aus der Nordweststadt, zielt mit seinem dritten Longplayer genau in diese Magengruben.
"Unaufhaltsam" startet mit einem Intro, das, passend zum Cover, starke Assoziationen zu hochdramatischen Szenen aus Filmen mit Future-Kraftmeiern weckt. Oder an das, was aus Lautsprechern dröhnt, wenn Godzilla in B-Flilmen mal wieder die japanischen Streitkräfte von der Landkarte flext: Giga-D-Flame vs. Polizilla vs.Babylon.
"Stopp" heißt der dritte Track des Albums und ist der erste ernstzunehmende Versuch eines deutschen Reggae/Ragga-MCs, nach jamaikanischem Vorbild einen gleichnamigen Tanzstil zu etablieren: "Stopp". Das dazu im Frankfurter Club O25 gedrehte Video zeigt wie es geht, also in Zukunft immer schön anhalten, wenn es "Stopp" heißt! D-Flame bedient sich jedoch nicht als Trittbrettfahrer des möglicherweise heraufziehenden Reggae-Hypes. Dazu wirbelt er schon viel zu lange die Tanzhallen zwischen Konstanz und Kiel durcheinander. Die Flamme darf mit Fug und Recht schon jetzt als ein Veteran-MC der noch relativ jungen deutschen Dancehall-Szene bezeichnet werden.
Im weiteren Verlauf des Albums arbeitet sich die tiefste Stimme Deutschlands ausschließlich durch Reggae- und Dancehall-Riddims, die zum großen Teil von Flame selbst und seiner Backingband KP-Crew ausgeheckt wurden. Aber auch weitere deutsche und jamaikanische Top-Riddim-Producer haben auf "Unaufhaltsam" ihre Finger im Spiel. So der Leipziger Pionear aus dem Germaican Camp und Pow Pow aus Köln sowie Don Corleon und Ward 21 aus Kingston. Die Bandbreite der Songs reicht von Ska über rootsigere Nummern und Steppers bis hin zu harten, paranoid-minimalistischen Ragga-Riddims. Immer außerordentlich tight von D-Flame 'geritten'.
Textlich nimmt Flame auch auf seinem neuesten Album kein Blatt vor den Mund und bewegt sich damit in der Tradition seiner Vorgänger-Alben "Basstard" und "Daniel X". Doch während man es auf "Daniel X" mit gerapptem, autobiografischem Storytelling zu tun hatte, kommen die Lyrics auf "Unaufhaltsam" in locker fließenden Dancehallstyle daher.
In "Conqueror" und "Du Kennst Mich Nicht" geht Flame gegen alle Neider, Hasser und Babylon vor. Auch bei "Da Righteous Cause" stößt er in ein ähnliches Wespennest, gesanglich begleitet von Sizzla Kalonjie. Weitere Gast-MCs sind Chico, Detecta und der Frankfurter Sänger Tolga, ein langjähriger Weggefährte von D-Flame, mit dem er die Ladies in "So Was Wie Sie" und die Tanzhallenmädels in "Dancehall Ballerina" hochleben lässt.
Sehr interessant und gelungen ist auch die Neuinterpretation des Extrabreit-Klassikers "Polizisten", die in den 80ern den Extrabreiten um Kai Hawaii einen ordentlichen Hit bescherte. In freshem Stile stellt D-Flame nun erneut fest: "Polizisten rauchen Milde Sorte, weil das Leben ist schon hart genug". Aber auch auf die sonstigen "Höhen und Tiefen" des Lebens hat Flame in "Kopf Hoch" eine passende Antwort.
Ein wirklich starkes Album, das jenseits des Wirbels um Sean Paul oder Wayne Wonder im Speziellen und Reggae und Dancehall im Allgemeinen die eigene Handschrift von D-Flame trägt und einmal mehr zeigt, das D-Land deutlich mehr zu bieten hat, als Pur, Bierzelt und Bratwurst. Die Flamme brennt!
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