laut.de-Kritik
Ein Land, in dem weder Menschen noch Götter leben.
Review von Yan VogelEnslaved sehen sich nach wie vor der Tradition des Black Metals verpflichtet, den sie gemeinsam mit Emperor und Mayhem in den Neunzigern mitprägten. Dabei fügen sie ihrem Schwarztee eine würzige Kräurermixtur bei, dessen Ingredenzien von Progrock über Folk bis hin zu klassisch-romantischen Einsprengseln reichen.
Da keines der Genres auf Albumlänge dominiert und diese selbst innerhalb eines Songs verwoben werden, kann man aufgrund der kompakten Songstrukturen auch getrost von Artrock sprechen: Jener Kunstform im düstere Grundton, der sich unterschiedliche Vertreter wie Ihsahn, Borknagar oder Riverside auf die schwarze Fahne geschrieben haben.
Trotz der kurzen Spielzeit klingt die Platte erstaunlich rund: "Utgard" kommt einem Parforceritt durch die Bandhistorie gleich. Im Unterschied zur Postrock-Grundierung der Vorgänger "RIITIIR", "In Times" und "E" wirkt das Quintett zwar kompakter, legt in Sachen Verrücktheit mit dem Krautrocker "Urjotun" aber noch eine Schippe drauf. Wer an diesem Stil Gefallen findet, dem ist zwingend "Konkret Musik" von Gösta Berlings Saga ans schwarze Herz gelegt.
Bei "Homebound" bettet Bandkopf Ivar Bjørnson ein einfaches Rock-Riff in ein kopflastiges 7er-Metrum ein. Später fächert sich das Stück in einen hinreißenden Refrain sowie Single Note-Geschredder der Marke early Maiden auf. "Sequence" gerät im ersten Teil tanzbar und lädt in die Metal-Disco, bevor der zweite Part zum letzten Tanz des Abends mit mannigfacher Akzidenz von Synths, Bläsern und Glocken-Klingbim bittet.
Beim Bathory des Propheten denkt sich dann der Old School-Fan, genießt er "Jettegryta", dessen epischer Schlachtenlärm bis Walhalla nachhallt. Die Lo Fi-Produktion des Männerchors am Anfang des Openers verwundert dagegen ein wenig.
"Storms Of Utgard" kredenzt klassischen Stahl: Galoppierende Drums und Riffs treffen auf Screams, Growls, Schellenkranz und Mellotron. Dessen ersterbende Töne am Ende des Songs bilden den harmonischen Ausgangspunkt des Closers "Distant Seasons", der an die Ambient-Ausflüge eines Devin Townsend erinnert.
Die Beschwörung dystopischer Fantasien à la Nevermore durch Vocalschichtungen sowie das rock'n'rollige Rüpeltum und die rasiermesserscharfe Raserei passen ins Konzept, das der Albumtitel vorgibt. "Utgard" ist in der nordischen Mythologie ein Gebiet jenseits von Gut und Böse. Hier leben weder Menschen noch Götter. Die naturverbundenen Norweger werfen somit einen fatalistischen Blick in die Zukunft, wenn der Klimawandel seine zerstörerischen Folgen zeitigt.
2 Kommentare
enslaved sind wie kovenant. ich mag sie einfach (kovenant nohc mehr) egal was sie machen
Bin jetzt auch mal zum Hören gekommen. Saustark mal wieder. Dabei immer offen für neue Sounds, ohne zu gewollt zu klingen oder den Black Metal zu sehr zu vernachlässigen. Den Spagat schaffen nicht viele so überzeugend.
Die Vox des Bassisten haben mich früher eher genervt, hier klingts als hätte er ne angenehmere Technik gelernt.
Gehört 4/5