laut.de-Kritik
Polterndes Soundtrack-Projekt zweier Sigur Rós-Mitglieder.
Review von Sven Kabelitz"Guten Tag. Ich hätte gerne 'Circe', die neue CD von Georg Holm, Orri Páll Dýrason, Hilmar Örn Hilmarsson und Kjartan Holm." Das ist absoluter Next Level Shit und ein Satz, den man wohl nur selten fehlerfrei in einem Plattenladen hören dürfte. Ein Umfeld, in dem manche Kunden mit der Nachfrage nach Dois, Praintz, Hjumen Ligju oder Posenstonz glänzen. Wer die Bestellung dreimal nacheinander mustergültig ausspricht, bekommt eine "I Just Called To Say I Love You"-Single geschenkt.
Etwas einfacher wäre es, nach der neuen Platte der beiden Sigur Rós-Musiker zu fragen. Denn für "Circe" zeigen sich zwei Drittel der isländischen Band verantwortlich. Hinzu kommen Georgs Bruder und Tourgitarrist Kjartan Holm, sowie der Komponist Hilmar Örn Hilmarsson, mit dem die Band bereits beim "Engel des Universums"-Soundtrack zusammen arbeitete. Nur Sänger Jón Þór Birgisson bleibt diesmal daheim. Im Notfall lässt sich ein Album heutzutage aber auch glücklicherweise im Internet bestellen oder runterladen.
"Circe" entstand für die BBC-Doku "The Show Of Shows". Wem Birgissons Stimme schon immer auf den Senkel ging, die teils sphärischen, teils wütenden Klänge der Band aber begeisterten, dürfte sich über das Album freuen. Manch kurze Albtraum-Sequenz heizt die Spannung an, aber die meiste Zeit gelingt den vier Musikern ein leise voran fließender Ambient-Fluss, der sich harmonisch und verträumt seine Wege sucht.
Im letzten Drittel stellt sich "Circe" jedoch komplett auf den Kopf. Dýrason erhält zunehmend Raum für sein Spiel. War eben noch alles im Lot, prügelt "To Boris With Love" die vorher aufgebaute Seligkeit mit knorrigem Schlagzeug und verzerrten Gitarren aus "Circe" heraus. Der satanische South Iceland Chamber Choir spitzt das Unbehagen theatralisch zu. In diesem Umfeld so unerwartet, so aufwühlend, so makaber.
Dabei begann einst alles harmlos und harmonisch. Mit "Ladies And Gentleman, Boys & Girls" erschaffen die vier Musiker einen prachtvollen Opener. Das euphorische Glanzstück des Albums, dessen monotone Pianolinie mit zahllosen Erinnerungen an Klang, Knistern und Krach kollidiert. Das betörende "The Eternal Feminine" gleicht in Aufbau und Melodieführung einem klassischen Sigur Rós-Stück.
Das intime "Filaphilia (A Tribute to Siggi Armann)" hält sich rührend an seiner ätherischen Melodie fest. "Torture" stellt Holms Gitarre in den Mittelpunkt, umgibt diese mit geisterhaften Klängen. "Hyperbole" droht, donnert und poltert, ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Die Musik entschwindet im Nebel, verliert im mittleren "Circe"-Teil den Fokus, bleibt Fragment.
"Was ist das denn für ein Lärm? Muss das so sein? Kann das aus?", ruft meine Frau beim aggressiven Lärm der letzten "Wirewalker"-Minute aus dem Nebenzimmer. Okay, ich bin raus.
1 Kommentar mit 4 Antworten
Da kann man mal ein Ohr riskieren.
kann man. klingt halt wie sigur ros.
also zumindest der erste track
dann muss es gut sein
Gute Platte, hätte ne 4 verdient. Klingt wie Brian Eno meets Sigur Ros. Dunkel und schön.