laut.de-Kritik

Noch mehr Gaststars, noch mehr Elektropop.

Review von

Nachdem Elektronik-Pionier Jean-Michel Jarre bereits im Oktober mit "Electronica 1 - The Time Machine", den ersten Teil seines Kollaborations-Projekts veröffentlichte, legt er nun ordentlich nach. Auch wenn die beiden Alben über ihre Untertitel thematische Differenzen vorgeben ("The Time Machine" vs. "The Heart Of Noise"), verfolgt Jarre hier kein distinktives Konzept. Teil Zwei macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat.

Die Gästeliste hat es wieder in sich. Diesmal traf sich der Musiker unter anderem mit Julia Holter, Pet Shop Boys, Gary Numan, Peaches, Hans Zimmer, Primal Scream und Cyndi Lauper zur gemeinsamen Studioarbeit.

Und mit Edward Snowden. Der erhielt zwar keinen Gesangs-, sondern einen Spoken-Word-Part, gehört aber dennoch zu den (vom Personal her gesehen) spektakulärsten Features. Auch wenn der Song an sich nicht außergewöhnlich daherkommt. Zu einem hektischen, leicht paranoiden Techno-Track handelt Snowden das Thema Privatsphäre ab. Dafür besuchte Jarre ihn nach Vermittlung des britischen Guardian extra in Moskau.

Den Anfang macht der Franzose gemeinsam mit Rone. Wabernde Synths, glasklare Arpeggios, pulsierend-zirpende Bässe. "The Heart Of Noise Pt. 1" heißt der Track und funktioniert als Overtüre zur Fortsetzung prächtig. Der zweite Teil des Stücks lässt nicht lange auf sich warten: Jarre möchte seinen Signature-Sound in die Jetztzeit holen, das hört man den Stücken aus allen Poren an. Hier gelingt das nur bedingt, "The Heart Of Noise Pt. 2" klingt trotz High-Definition-Hektik wahlweise anachronistisch, altbacken oder autoreferenziell.

Dann geht es Schlag auf Schlag. "Brick England" mit den Pet Shop Boys klingt herrlich nach den Pet Shop Boys in traurig und ist eines der besten Stücke beider Alben. Auch die Zusammenarbeit in "These Creatures" mit Julia Holter geht als Volltreffer durch: Jarre gelingt das Kunststück, seinen Gästen einerseits genug Raum zu lassen, andererseits unverkennbar nach ihm selbst zu klingen.

Auf den ersten Blick recht ungewöhnliche Gäste sind Primal Scream, der gemeinsame Track "As One" lebt von Arpeggios, hochgepitchten Stimmen, mit denen auch Blümchen oder Scooter eine Freude gehabt hätten und jeder Menge Vocoder. Gemeinsam mit seinem Kumpel Gary Numan lässt er anschließend auf "Here For You" die 80er Jahre ordentlich aufleben. Launiger Electro auch in "What You Want" mit Peaches, wieder ein geglücktes Unterfangen von zwei ebenbürtigen Partnern. Bei "Electrees" mit Hans Zimmer wird der Arpeggiator wieder auf Zwölf gedreht, dazu gesellen sich - was auch sonst - cineastische Streichersphären.

"Circus", Jarres Kollaboration mit Siriusmo kommt als gut gelaunte French-House-Nummer daher. Ebenso stark ist die Zusammenarbeit mit Cyndi Lauper: "Swipe To The Right" beschäftigt sich wieder einmal mit dem Thema Kommunikation durch neue Medien.

Dass Jean-Michel Jarre das Rad der elektronischen Musik neu erfinden würde, war natürlich keine Prämisse des Projekts. Viel mehr zelebriert er mit beiden Alben jenen Sound, den er ja gehörig mitprägte, in vielerlei Facetten - und hat durchaus Spaß am Retrofuturismus.

Trackliste

  1. 1. The Heart of Noise Pt. 1
  2. 2. The Heart of Noise Pt. 2
  3. 3. Brick England
  4. 4. As One
  5. 5. Exit JM
  6. 6. These Creatures
  7. 7. Here For You
  8. 8. The Architect
  9. 9. What You Want
  10. 10. Circus
  11. 11. Why This, Why That, Why
  12. 12. Switch On Leon
  13. 13. Gisele
  14. 14. Electrees
  15. 15. Swipe To The Right
  16. 16. Walking The Mile
  17. 17. Falling Down
  18. 18. The Heart of Noise (The Origin)

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