laut.de-Kritik
Der Dolldinger dudelt die dollsten Dinger.
Review von Sven KabelitzTrau' keinem unter Achtzig. Am 12. Mai 2016 erreichte Klaus Doldinger selbst das ehrenwerte Alter und weiß: Wenn man die perfekte Geburtstagsparty feiern möchte, nimmt man diese am besten selbst in die Hand. Vermeide schale Tribut-Alben, auf denen andere Künstler dein Werk verschandeln. Deswegen schaut er auf "Doldinger" selbst zurück. Hierfür nimmt er seine persönlichen Lieblingsstücke aus seinem Gesamtwerk auf, ergänzt diese durch einige Cover-Versionen.
Der Giorgio Moroder des Jazz schrieb den Soundtrack zu "Das Boot" und zu der Romanverschandelung "Die unendliche Geschichte". Spätestens mit der Titelmelodie zu "Tatort" hatte er uns alle in der Tasche. Doch diese Stücke stehen nicht im Mittelpunkt der Werkschau. Viel mehr liegen ihm Songs wie die von 1982 stammende Single "New Moon" ("Earthborn") oder "Green Lagon" ("Passport To Paradise") am Herzen.
Da alleine feiern irgendwie doof ist, kommen als Gaststars Udo Lindenberg, Helge Schneider, Max Mutzke, Sasha, Nils Landgren und Dominic Miller beim Kaffeekränzchen vorbei. Bei Käsekuchen mit Sahne schauen sie gemeinsam zu, wie der dufte Doldinger die dollsten Dinger dudelt.
Dabei stehen die Instrumentalstücke glücklicherweise im Mittelpunkt. Posaunist Landgren steht dem einheitlichen Sound des Longplayers weitaus besser zu Gesicht als Mutzke. Dieser gibt in Marvin Gayes "Inner City Blues" sein Bestes. Vergleicht man die Version jedoch mit den anderen hochkarätigen Aufnahmen (Gil Scott-Heron, Maceo Parker, Etta James, Grover Washington, Jr., James Last), die es von dem Lied bereits gibt, bleibt diese hier doch reichlich blasswangig. Der ehemalige Passport-Schlagzeuger Lindenberg nuschelt sich mit seiner staubigen Phantasiejungendsprache der 1970er wie üblich durch das Blues-Finale "Der Greiss ist heiss" ("Stark Wie Zwei"). Hallöchen Popöchen.
Ganz anders sieht da das Aufeinander treffen mit Helge Popelge aus. Dieser unterlässt in "St. James Infirmary" glücklicherweise jeglichen Schabernack und fokussiert sich ganz auf den Jazz. Doldingers Saxofon und Schneiders Hammond-Orgelspiel harmonieren so gut, dass das nachttrunkene Stück keinen weiteren Ballast benötigt. Das von Landgren eingeleitete "Soul Town" funkt hingegen außerordentlich ordentlich. Die "Abracadabra"-Neuaufnahme strahlt eine prunkvolle Anmut aus.
Trotz ein paar Schwächen gelingt mit "Doldinger" eine gelungene Sause zum Ehrentag. Die am 23. September 2016 erschienene Vinyl-Ausgabe ergänzen die mit Motherhood aufgenommenen Stücke "Circus Polka" und "Song Of Dying". So gibt es sogar noch ein kleines Leckerli oben drauf, wenn man sich nachträglich Lindenbergs Wünschen anschließt. "Hi Kläuschen. Happy Birthday. Keine Panik. Dein Trommler. Hehehe."
2 Kommentare
Unglaublich. Passport immer noch aktiv. Höchsten Respekt.
Klaus Doldingers Passport !!!
Ich hab ihn nur einmal life im Ambrassador gesehen.
Ein echter Profijazzer war er und ich mochte seine
Musik. Ein Song ist mir in Erinnerung geblieben:
Tod eines Go Go Girls.