laut.de-Biographie
Lil Peep
Moderner Hip Hop in den Staaten ist zu einem kompletten Wildwuchs geworden: Trends und Strömungen wachsen, expandieren und verbreiten sich so rasend schnell, dass einzig und allein der Mittelwert der Hörerschaft noch ansatzweise am Puls dessen ist, was sich zwischen Soundcloud, YouTube und Bandcamp entwickelt.
Auf Soundcloud begannen zum Beispiel im Nachwirken des kometenhaften Aufstiegs von Lil Uzi Vert einige Rapper, ihre Musik unter dem Hashtag #Alternative Rock zu taggen. Dies resultierte unter anderem aus einem Vermischen von Samples aus Indie, Shoegaze und Post Punk und klassischen Trap-Produktionen, die bald im Untergrund weltweit gängig werden sollten.
Lil Peep befindet sich dabei mitten im Malstrom des Wahnsinns. Der Sohn skandinavischer Einwanderer mit dem bürgerlichen Namen Gustav Åhr zieht 2015 von New York nach Los Angeles, um Rapper zu werden. Auch wenn sein erstes Mixtape "Lil Peep Pt. 1" keinen durchschlagender Erfolg verzeichnet, lässt er sich nicht demotivieren und schließt sich mit einer Gruppe anderer aufstrebender Musiker kurz, die seine Sparte teilen: Yunggoth, Lil Tracy, Horsehead und andere werden ein fixes Umfeld für Peep und bilden ein Fundament für ihre gemeinsamen musikalischen Experimente: die Gothboiclique.
Dabei befinden sich die recht amateurhaft aufnehmenden Newcomer allesamt in einem eigenwilligen Spannungsfeld zwischen der eingangs erwähnten Soundcloud-Strömung und der langen Tradition von südlichen Untergrundrappern wie den $uicideboy$ oder Ghostemane, die eine grimmige, depressive Sparte für düstere, moderne Rapmusik eröffnet haben.
Besonders Peep und Tracy stechen schnell hervor und bauen sich mit Gitarrensample-fokussierten Songs über Angst und Depression einen Ruf auf, der ihnen vorauseilen soll: Sie geraten an die Vorderfront der neuen Emo-Welle, die durch die unerfindlichen Wege der Rap-Szene aufkommt und werden bezeichnende Figuren neben den Wellen von XXXTentacion, Ski Mask The Slump God, Lil Pump oder Smokepurpp.
Besonders das Emo-Label entwickelt sich für Lil Peep zu einem Selbstläufer. So veröffentlicht er 2017 sein Debütalbum "Come Over When You're Sober, Part 1", das inzwischen vollständig in der emotionalen Haltung und den Eigenarten der alten Emo-Musik aufblüht, musikalisch aber immer noch klar an seinen Soundcloud-Wurzeln festhält.
Ein absurdes Phänomen, könnte man sagen. Dennoch findet Lil Peep seine Fans und spricht mit seiner Genrefluidität ein überraschend breites Publikum an. Heute zählen sich Rapfans, Rockhörer und Überbleibsel der Goth- und Emoszenen zu seinen Anhängern. Und auch wenn es schwer zu erklären ist, warum 2017 Emo und Rap gemeinsame Sachen machen, könnten diese Fans kaum loyaler sein.
In Texten und privat spricht Peep immer wieder offen über seine Abhängigkeit von Kokain, Exstasy und dem Beruhigungsmittel Xanax: "Ich bin eine depressiver Drogenabhängiger und nähere mich meiner Belastungsgrenze", postet er im Februar 2017. Im November desselben Jahres stirbt Lil Peep vermutlich an einer Überdosis.
2 Kommentare
Diese Texte sind echt noch ein bisschen cringy, aber ich bin unterm Strich einfach froh, dass hier endlich auch Mal neuere Stilrichtungen intensiver beobachtet werden.
Ich meine, Dani war ja z.B. schon ein wenig für GHOSTMANE zu begeistern, doch dabei blieb es dann im Endeffekt auch, größtenteils. Dazu noch die paar Künstler, die selbst vom Feuilleton aufgegriffen wurden und die Handvoll, die es in Stefans Tapediggaz-Kolumnen geschafft hatten.
Natürlich werden viele von diesen Künstlern wieder verschwinden, doch das ändert nichts daran, dass sie für die Zeit, die sie da sind, bereits maßgeblich zur größeren Richtung beitragen.
Und oft liegt es - und ich fürchte, die Tendenz steigt und steigt - nicht unbedingt an der Musik, sondern an internen Streitereien, Drogen und Haftstrafen liegen, dass einige keine nachhaltige Karriere aus ihrem Hype ziehen werden können.
RIP young legend.