laut.de-Kritik

Helden-Metal mit Tralala-Gesang und Ziehharmonika.

Review von

Anscheinend haben MUCC auf ihren früheren Alben so richtig harten, dunklen Metal gespielt. Mag durchaus sein, allerdings kann ich das nicht beurteilen. Ich nehme mir nämlich das Recht heraus, die Scheiben nicht zu kennen und ich darf das sogar. Ich hab nämlich schon Haare am Sack!

Jedenfalls hat "Shion" mit Metal oder düsteren Sounds nur am Rande etwas zu tun. Was bei dem ganzen Styling-Hype um Visual Kei oder J-Rock-Bands ohnehin nie so wichtig zu sein scheint. Mir als Redakteur allerdings schon, also auf zum Eingemachten ...

Erst mal das Intro "Suion" über sich ergehen lassen, das eher nervt, als dass es neugierig auf den restlichen Inhalt machen würde. Hat man das hinter sich gebracht, präsentiert sich mit "Fukuro No Yurikago" ein recht bunter Mischmasch aus Nu Metal, elektronischem Geblubber und Alternative Rock, allerdings muss man die weinerliche Stimme von Fronter Tatsuro mögen.

Dann folgt schon die einzige Metal-Verbindung mit "Nuritsubusunara Enji". Das Eingangsriff hat schwer etwas von Soulfly oder Sepultura, vor allem was die Tribalrhythmik angeht. Das ändert sich zum Refrain hin allerdings im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig und an Stelle der Grooves treten ordentliche Geschwindigkeit und Power Metal-Arrangements sowie entsprechende Leads der Gitarre. Das klingt verstärkt nach alten Blind Guardian.

"Fuzz" ist wieder eine ganz andere Baustelle. Hier verzapfen die Japaner banalsten Poprock und klauen ganz massiv bei The Rasmus. Das Zeug geht mir schon nach dem zweiten Durchlauf gehörig auf die Eier, hat aber bestimmt das Zeug zum Dauerbrenner. Besser wird es mit "Game" leider auch nicht, einer etwas düsteren, in der Strophe fast choralen, aber ansonsten ebenfalls poppigen Angelegenheit, die ein ziemlich banaler Tralala-Refrain verunstaltet.

Das anschließende "Flight" wurde wohl mit freundlicher Genehmigung von Less Than Jake als Soundtrack für das japanische Äquivalent eines US High School-Teenie-Streifens gespendet. Ein paar Off-Beats haben ja noch nie geschadet, Basser Yukke darf hier auch ein wenig mehr zeigen. Die Discoklänge von "Anjelier" schlagen den Fan metallischer Klänge wohl umgehend in die Flucht; auch ich hab schon die Sportsocken an. Der Gesang ist im Refrain kaum auszuhalten. So empfehle ich spontan einen doppelten Hodenflip für jeden, der an der Produktion dieses Albums beteiligt war.

Dass sie auch Besseres zu bieten haben, zeigen MUCC mit "Chiisana Mado", einer wirklich gefälligen Ballade mit fast schon ausufernder, aber auch interessanter Orchestrierung. Das folgende "Semishigure" rockt ganz ordentlich ohne viel Schnickschnack. Einfach ein paar gute Melodien, passabler Gesang und gut ist. Mehr brauchen manche Nummern einfach nicht, und so ist auch der Titelrack relativ simpel gehalten. Dass hier – vor allem gesanglich - wieder ein paar härtere Elemente auftauchen, schadet ebenfalls nicht.

Die positiven Anklänge sind mit "Sorawasure" aber schnell passee, denn darauf lässt sich mit Enrique Iglesias eventuell einen Flamenco tanzen, aber für den Liebhaber härterer Klänge taugt das nur bedingt. Viel lustiger ist da schon "Shiva". Bester Helden-Metal mit Tralala-Gesang und Ziehharmonika. Wo gibt es so etwas sonst noch, wenn nicht in Japan … Die Jungs haben schon Humor, das muss man ihnen lassen. Dazu noch der japanische Gesang, der sich immer anhört, als ob jemand über sein Müsli singt - großartig!

Das abschließende "Libra" hat seine Momente, ist aber ähnlich wie "Fukuro No Yurikago" eine Mixtur aus allem Möglichen und sehr viel Geklautem. Ob das dem durchschnittlichen J-Rock Fan ausreicht?

Trackliste

  1. 1. Suion
  2. 2. Fukurouno Yurikago
  3. 3. Nuritsubusunara Enji
  4. 4. Fuzz
  5. 5. Game
  6. 6. Flight
  7. 7. Anjelier
  8. 8. Chiisana Mado
  9. 9. Semishigure
  10. 10. Shion
  11. 11. Sorawasure
  12. 12. Shiva
  13. 13. Libra

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42 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    Eins vorneweg: Wie kann man ein Album, das ganz offensichtlich kein Metal-Album ist, nach Metal-Maßstäben beurteilen? Das verwirrt mich doch ein bisschen...
    MUCC klangen tatsächlich mal härter, seit einer Weile öffnen sie sich aber verstärkt auch anderen Einflüssen, was bei Teilen der Fans (und offensichtlich auch beim Rezensenten) zu großen Irritationen geführt hat.
    Mir persönlich gefällt diese Entwicklung aber, denn im Gegensatz zu (zu) vielen anderen Bands im Visual Kei/JRock-Bereich klingen MUCC eben nicht auf jedem Album gleich und trauen sich auch mal was, auch wenn dann der ein oder andere Song vielleicht mal etwas übers Ziel hinaus schießt. Trotzdem finde ich, dass "Shion" ein gutes und abwechslungsreiches Rock (!)-Album geworden ist.
    Tatsuro´s Stimme ist natürlich absolute Geschmackssache (wie bei das bei japanischen Sängern ohnehin öfter der Fall ist), aber mir gefällt sie durchaus.

  • Vor 15 Jahren

    Die Rezension hat mich neugierig gemacht.. :D

  • Vor 15 Jahren

    Ok, bin auf jeden Fall gespannt. Houyoku hatte mir seinerzeit einige Aha-Effekte beschert. Da so etwas selten wird, wenn man 20 Jahre lang intensiv Musik hört, bin ich der Band dafür immer noch dankbar. 666 war ebenfalls noch äußerst schmackhaft, Gokusai hatte 3 starke Lieder, der Rest war eher nicht so mein Fall und Shion hatte mich dann irgendwie nicht mehr gereizt (hat mich beim reinhöhren nicht überzeugt). Auf das neue Album hätte ich gerade aber irgendwie wieder Bock.

  • Vor 14 Jahren

    @Mobbi (« Gokusai hatte 3 starke Lieder, der Rest war eher nicht so mein Fall und Shion hatte mich dann irgendwie nicht mehr gereizt (hat mich beim reinhöhren nicht überzeugt). Auf das neue Album hätte ich gerade aber irgendwie wieder Bock. »):

    Ja, Gokusai und Shion kann man fast als "Spielerei" der Band ansehen.
    Das neue Album allerdings ist richtig fett. Sehr vielseitig, hat aber auch wieder einige elec-sounds.

  • Vor 14 Jahren

    Ok, Danke für den Hinweis.

    Greece
    Mobbi