laut.de-Kritik
Die Platte, die Hellmut Hattler gern gemacht hätte ...
Review von Joachim GaugerIn Musikerkreisen ist dieser Mann eine Legende. Er war mit so unterschiedlichen Musikern wie Mariah Carey, Bill Withers, Elton John, Bryan Ferry, Frank Sinatra oder LL Cool J im Studio. Vor allem aber hat er Miles Davis nicht nur als Tour-Bassist jahrelang begleitet, sondern auch die drei letzten Alben des Jazz-Genies produziert.
Dass Marcus Miller nicht zum populären Superstar geworden ist, liegt sicher auch an seinem Instrument. Zwar lässt er den Bass singen wie kein anderer, indem er mit einem unglaublich harten und metallischen Anschlag reichlich Obertöne erzeugt und dadurch den eng beschränkten Frequenzbereich seines Instrumentes doch deutlich erweitert.
Dennoch gilt der Viersaiter vielen als natürliches Begleitinstrument, das nur ausnahmsweise für solistische Höhenflüge von der Leine gelassen wird. Vor allem aber war Miller nie ein Songwriter - die vielen Cover-Versionen und die eher einfachen Song-Konstruktionen bilden so ziemlich die einzige Schwäche des vorliegenden Albums. Trotzdem ist "Silver Rain" eine fantastische Scheibe zwischen Pop, Funk, Soul und Jazz geworden, auf der so gekonnt wie entspannt musiziert wird, und deren Cover die Originale nicht selten in den Schatten stellen.
Im selbst geschriebenen "Bruce Lee" fällt Miller sogleich mit dem Refrain ins Haus, ohne ansonsten die üblichen Song-Konventionen in Frage zu stellen. Meist sind es vor allem die fein ausgearbeiteten Bridges oder Interludes, die Millers Stücke vom üblichen Pop-Einerlei abheben.
Von hervorragenden Musikern und Gaststars begleitet, bringt Miller zusammen, was nicht zusammen gehört. Da folgt unmittelbar auf Beethovens "Mondschein Sonate" das Stevie Wonders-Cover "Boogie On Reggae Woman" - gar kein so großer Unterschied, denn zumindest in Millers Version haben beide Stücke eine ziemlich kranke Bassline. Als ganz klar single- bzw. radiotauglich geht das von Eric Clapton mitgeschriebene Titelstück "Silver Rain" durch, nicht nur wegen seiner Stellung der Mittelpunkt des Albums.
Noch bevor der Bassist im weiteren Verlauf Duke Ellington covert (einfühlsam) oder Jimi Hendrix (virtuos), zeigen er und Macy Gray dem ehemaligen Kronprinz des Funk, wo heutzutage der Rhythmus-Hammer hängt. Um abschließend noch ein fieses Name-Dropping zu betreiben: Dies ist die Platte, die Hellmut Hattler gerne gemacht hätte.
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