laut.de-Kritik

Raffinierter Mittelweg zwischen Singer/Songwritertum und Pop.

Review von

Der in Schweden aufgewachsene Peter von Poehl mag keinen Ort sein Zuhause nennen und pendelt dementsprechend seit Jahren zwischen Berlin, Malmö und Paris. Gerne wird sein Schaffen als ein Spannungsfeld umschrieben, das auf dem Innenleben des Künstlers und der sich stets verändernden Umwelt fußt. Hieraus schöpft Peter seine Inspirationen.

Musikalisch bewegt er sich mit seinem Zweitling, dessen Texte weitgehend von Marie Modiano stammen, zwischen Singer/Songwritertum und Pop. Satte Bläser, Streicher und Chöre treffen auf Gitarren, Bass, Drums und zarte Synthie- und Elektro-Elemente, die dem Einfluss der French Popper von Air entsprungen sein mögen, deren Vorprogramm Von Poehl auf Tour bestreiten durfte. Er beschreitet aber einen anderen Weg.

"May Day" offenbart sich als ambitioniertes Album, das mit kunstvollen und ohrgängigen Melodien aufwartet. Peter intoniert diese mit einnehmender hoher Gesangsstimme. Feinsinnige und vielseitig instrumentierte Arrangements, die dramaturgisch spannungsreiche Klangflächen erzeugen, rahmen die Stücke ein.

Peter von Poehl präsentiert sich als verspielter Musiker mit dem Hang, seine Songs stets dezent mit orchestralen und sphärischen Einlagen zu garnieren, ohne von einer gewissen Bedächtigkeit zu lassen. Im Gegensatz zum charmanten Debüt "Going To Where The Tea Trees Are" hat er seine Folk-Affinität etwas in den Hintergrund gestellt. Er setzt diesmal auf fülligeren Sound und glasklare Produktion.

Hübsch anzuhören, wenn sich im Midtempo Keyboard, Streicher und Bläser an flauschige Basslinien anschmiegen ("Near The End Of The World") und Peter zu hymnischen Refrains mit Hit-Potenzial ausholt ("Parliament", "Moonshot Falls"). Oder wenn Orgel und anhebende Backgroundgesänge effektvoll die Banjo-Linie überlagern, die sich in der instrumentalen Vielstimmigkeit auflöst ("Lost In Space"). Oder wenn mit smarten Funk-Rhythmen gespielt wird ("Carrier Pigeon").

Die eindringlichsten Momente finden sich in den gefühlvollen und weniger aufwändigen Nummern wie "Wombara", "Mexico" und "Forgotten Garden", die die gezupfte Akustische führt, und dem zauberhaften Titeltrack "May Day", dessen Pianolinie sich warm um die sanfte Melodie legt.

Der Kosmopolit vereint seine elegante Indie-Attitüde souverän mit einer eigenständigen Vorstellung von Orchester-Pop, seine Tendenz zur Stilisierung mit Bodenständigkeit, und besticht dabei mit kompositorischer und instrumentaler Raffinesse.

Dass sich das Songmaterial nicht ausschließlich als zwingend erweist und mich nicht immer berührt, liegt darin begründet, dass Peter von Poehl die melancholische Tiefgründigkeit ebenso scheut wie die mitreißende Überschwänglichkeit. Er geht einen emotional beschaulichen Mittelweg. Der Eindruck von Gefälligkeit, wenn auch äußerst intelligent inszenierter, bleibt da bisweilen nicht aus.

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei "May Day" um ein solides und harmonisches Album, das in die Individualität und Kreativität des gereiften Musikers widerspiegelt und sich bei aller Vielschichtigkeit doch ganz bescheiden gibt.

Trackliste

  1. 1. 28 Paradise
  2. 2. Parliament
  3. 3. Forgotten Garden
  4. 4. Near The End Of The World
  5. 5. Mexico
  6. 6. Moonshot Falls
  7. 7. Lost In Space
  8. 8. Wombara
  9. 9. Carrier Pigeon
  10. 10. Dust Of Heaven
  11. 11. May Day
  12. 12. Elisabeth

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