laut.de-Kritik

Sinnlich und frei von falschem Pathos.

Review von

Skandinavische Künstlerinnen hätten etwas Spezielles, heißt es: ob Björk, Sophie Zelmani oder jüngst Marit Larsen. Alles nur Einbildung oder vorgefasste Medienmeinung? "Es gibt keinen skandinavischen Touch", meint dazu Rebekka Bakken. "Entweder ist Musik gut oder schlecht, das gilt weltweit."

Schon längst hat sich die Norwegerin von derlei Schablonen befreit, langjährige Auslandsaufenthalte in New York und seit 2003 in Wien prägen ihr Weltbild und das musikalische Selbstverständnis.

Mit "Morning Hours" stellt sie ihre Besonderheiten erneut eindrucksvoll unter Beweis. Zunächst: ein ausschließlich mit Balladen bestücktes Album? Wird das nicht langweilig? Nicht in den Händen dieser aparten Schönheit, nicht bei diesem Können. Für die Betreuung der dreizehn Titel ist Rebekka Erfolgsproduzent Craig Street zuständig, der bereits eine Norah Jones in höchste Grammy-Gefilde führte. Fürs Soundoutfit nutzt er allerlei Versatzstücke der amerikanischen Musikgeschichte, darunter Country, Folk und Blues.

Doch bei wem nun die Alarmglocken schrillen - keine Sorge: keine Spur von klischeehaftem Landei-Album. Denn die Country-Elemente tauchen beispielsweise nur dezent am Rande auf und illuminieren die Titel in einem urbanen, stets stimmigem Licht. Ein fast klassisch zu nennendes Singer/Songwritertum wartet also, aber weit entfernt von Routine und voller einzigartiger Stimmungsbilder.

"Not A Woman" heißt der erste Track. Nichts könnte, auf die Künstlerin bezogen, unrichtiger sein, und so schwingt in mancher Passage sanfte Koketterie mit. Hinzu kommt Humor, was eine Nummer wie "Powder Room Collapse" beweist, in der sich Rebekka vermeintlich typisch weiblichen Klischees widmet: dem Stehen vor dem Spiegel. Doch als zu persönlich solle man ihre Texte nicht verstehen, erläutert sie: "Da ist nichts Autobiographisches. Ich schreibe über Begebenheiten und Personen, und frage mich, wie sie sich gerade fühlen".

"Sometimes" arbeitet mit verzerrter Gitarre und im Hintergrund schwellender Orgel. Die "Powder Room Collapse" zeigt sich als spartanisch instrumentierter Blues, der Rebekkas eindringlichen Gesang besonders vorteilhaft in Szene setzt. Wirkungsvoll: der dramatische Aufbau. In Sachen Songwritertum erinnert "If You Don't Ask For More" an Joni Mitchell, bleibt aber dennoch stets Bakken pur.

"You" ist ein schlicht wunderschönes, unkitschiges Liebeslied. Rebekkas Stimme mildert die kalten "October Nights". Reduktion heißt das vorherrschende Stilelement, dennoch sind die Tracks detailreich instrumentiert und laden auf verführerische Weise zum Zuhören ein.

"In The Early Morning Hours" beschreibt die unberührte Frische des heranbrechenden Tages mit all den Hoffnungen, was er denn nun bringen mag. Oft schwingen auch Wehmut und Sehnsucht mit, begleitet von melancholisch anmutenden Hoffnungen. Aber nirgends finden sich Spuren von deprimiertem Weltschmerz.

Es ist diese besondere Art der Melodieführung, die so zielsicher wechselt zwischen Höhen und Tiefen: Wenn es denn so etwas gibt, dann erscheint manches Lied als eine Art stiller Hymne, weit entfernt von großem Pathos und den damit oft verbundenen falschen Gefühlen. Rebekka kredenzt frei vom handelsüblichen, künstlichen Zuckerguss.

Trackliste

  1. 1. Not A Woman
  2. 2. Sometimes
  3. 3. Ghost In This House
  4. 4. Powder Room Collapse
  5. 5. No Easy Way
  6. 6. To Be Your Lover
  7. 7. If You Don't Ask For More
  8. 8. I Can Always Forget
  9. 9. Starlight Of Your Heart
  10. 10. Contents Of My Heart
  11. 11. October Nights
  12. 12. Like Cologne
  13. 13. In The Early Morning Hours

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