laut.de-Biographie
Suge Knight
Suge Knight nimmt in der Rap-Welt eine Position ein, die kaum kontroverser sein könnte. Die Einen feiern ihn immer noch als den Label-Boss, der dem größten Rapper aller Zeiten, Tupac Shakur, den Weg ebnete, die Anderen sehen in ihm nur einen gescheiterten Kriminellen, der sich bei seiner Leichenfledderei an den Vermächtnissen 2Pacs auch noch den letzten Funken Anspruch vergessen hat. Trotz der teils berechtigten Kritikpunkte ist ein Fakt unbestritten: Marion "Suge" Knight hat mit seinem Label Death Row Records den so erfolgreichen Westcoast-Sound der Neunziger Jahre maßgeblich beeinflusst.
Am 19. April 1966 geboren, verbringt Suge seine Jugend in dem Stadtteil von Los Angeles, Compton, der bald als Epizentrum des Gangsta-Raps in die Hip Hop-Geschichte eingehen soll. Trotz einiger sehr früher Auseinandersetzungen mit dem Gesetz ist seine Schulzeit vor allem durch Sport geprägt. Neben durchweg passablen Noten macht Suge besonders auf dem Football-Feld eine sehr gute Figur. Sein Talent bringt ihn über ein Stipendium an der University of Las Vegas sogar zu einigen Einsätzen in der amerikanischen Profi-Liga NFL bei den Los Angeles Rams. Seine Verbindungen zu einer der berüchtigtsten Gangs in Los Angeles, den Bloods, und die immer schlechter werdenden Noten machen einen Rauswurf unumgänglich. Doch der junge Mann mit dem Spitznamen "Sugar Bear" hat große Pläne. So startet er sein eigenes Unternehmen als Konzert-Promoter und arbeitet nebenher als Bodyguard, unter anderem für den nicht minder umstrittenen Sänger Bobby Brown. Im Jahr 1989 macht er schließlich nach einigen unangenehmen Auseinandersetzungen mit dem Gesetz (Autodiebstahl, illegaler Waffenbesitz und versuchter Mord) seine ersten Schritte in der Welt der Plattenfirmen.
Die ersten Einnahmen kommen jedoch nicht durch den Erfolg der eigenen Künstler. Vielmehr ist es der damals überaus erfolgreiche Vanilla Ice, der Suge Knight die ersten schwarzen Zahlen beschert. Einer der Vanilla Ice-Songs soll Samples aus einer Suge-Produktion enthalten. Wie die Legende besagt, soll Suge die ausstehenden Schulden auf die Weise von Vanilla Ice eingetrieben haben, dass er ihn an den Füßen aus dem 20. Stock hielt und so sein Einverständnis erzwang. Wie gesagt, es handelt sich um eine Legende, aber die Aktion ist trotzdem beispielhaft für die unkonventionellen Verhandlungspraktiken des Mr. Knight.
Durch die Gründung einer zugehörigen Management-Firma kann Suge im folgenden Jahr die Westcoast-Größen D.O.C. und DJ Quik unter Vertrag nehmen. Letztendlich bringen ihn diese Beiden zu den wahren Helden des Sonnenstaates Kalifornien. Der Streit der Mitglieder des Gangster-Rap-Kollektivs N.W.A. kommt gerade zur richtigen Zeit, deren Mastermind Dr. Dre folgt den Unkenrufen von Suge und gründet kurzerhand gemeinsam mit Suge das Label Death Row Records. Durch einen Vertriebs-Deal mit Interscope ist die geschäftliche Seite in trockenen Tüchern. Für die Qualität der musikalischen Produktion fühlt sich Dr. Dre verantwortlich, er schafft mit "The Chronic" nicht nur eines der besten Rap-Alben, das jemals die Ohren der Heads versüßen durfte, sondern macht Death Row schlagartig zu einem der einflussreichsten und erfolgreichsten Labels dieser Zeit. Die Glückssträhne hält an, und zwei Jahre später erscheint die Platte "Doggystyle" und macht Dres Ziehsohn Snoop Doggy Dogg zum neuen Helden der Küste.
Der Erfolg des Labels hält Suge aber nicht davon ab, sich im kriminellen Milieu zu betätigen. Es hagelt weiter Klagen wegen illegalem Waffenbesitz und schwerer Körperverletzung. Außerdem eröffnet er einen Nachtklub in Las Vegas, der durch kontroverse Verbindungen zu kriminellen Gangs, Suge delinquente Ambitionen nicht mehr leugnen kann. Dazu gräbt er das Kriegsbeil gegen den Eastcoast-Mogul P. Diddy, damals noch Puff Daddy, aus. Nach zahlreichen Beschimpfungen jenseits der Gürtellinie bricht ein wahrer Krieg aus und schließlich kommt es daraufhin zu einer klaren Front zwischen den beiden amerikanischen Küsten.
Es ist Zeit für musikalische Neuigkeiten aus dem Hause Death Row Records. Aus diesem Grund streckt Suge seine Finger aus in Richtung des Rappers 2Pac, der durch seine Alben "2Pacalypse Now" und "Me Against The World" schon zu einem Held der Szene aufgestiegen ist. 1995 legt Suge geschickt einen Köder und bietet Tupac Shakur an, eine hohe ausstehende Strafe für ihn zu zahlen. Die Bedingung lautet aber, dass 2Pac daraufhin bei Death Row einen Vertrag unterschreiben muss. Trotz der außergewöhnlichen Geschäftspraktiken willigt 2Pac ein und avanciert durch sein Album "All Eyez On Me" und der Single "California Love" zum neuen Zugpferd des Labels.
Nach dem unbestreitbaren Höhepunkt von Death Row beginnt der Erfolg aber allmählich zu bröckeln. Anfang 1996 steigt Dr. Dre frustriert von der Handhabung Knights aus dem gemeinsamen Label aus. Somit verliert Death Row einen Teil seiner Handschrift. Zum Super-GAU kommt es am 13. September 1996 als Tupac, sechs Tage nach einem verheerenden Drive-By-Shooting, im Krankenhaus von Los Angeles sein Leben lässt. Am Steuer des beschossenen Wagens sitzt Suge Knight, und bis zum heutigen Zeitpunkt sind, trotz etlicher Verschwörungen aber auch Beweise, jegliche Korrelationen zu Suges Gang-Verbindungen nicht geklärt. Als dann ein halbes Jahr später noch der verfeindete Eastcoast-Rapper Notorious B.I.G. sein Leben bei einem Drive-By-Shooting verliert, stellt grundsätzlich keiner mehr die Verbindung Suge Knights in Frage.
Zu wirklicher Aufklärung kommt es nie, aber die besten Tage des Marion Knights sind endgültig gezählt. Obwohl die Verbrechen an Pac und Biggie unaufgeklärt bleiben, fällt Justizia ein folgenschweres Urteil über Suge. Kurz vor dem Mord an Tupac haben nämlich beide unter der Beobachtung einer Überwachungskamera ein verfeindetes Gang-Mitglied verprügelt. Die Beweislage ist klar, und das Gericht hat keine Skrupel, Suge im Februar 1997 wegen Verstoß gegen seine Bewährungsauflagen für insgesamt neun Jahre in den Knast zu schicken. Die Verurteilung bedeutet nicht nur die längst überfällige Bestrafung für Suges meterdicke Akte, sondern besiegelt auch den Siegeszug seines Labels Death Row, das sich ohne seinen CEO- und Mastermind für die nächsten Jahre in einen verlängerten Winterschlaf legt.
Suge scheint sich gut anzustellen im Bau, denn nach fünf Jahren setzt ihn das State Prison in Portland im August 2001 wieder auf freien Fuß. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, begibt sich der geläuterte Suge gleich wieder hinter seinen Schreibtisch und arbeitet an einem Relaunch von Death Row Records. Mit einem Archiv voll von alten Tupac-Vocals, dem alten bewährten Team und hochkarätigen Neuerwerbungen will sich das, mittlerweile in Tha Row umbenannte, Label den Thron wieder zurück erobern.
Doch erneut schlägt der Tod mit seiner Sense zu. Im April 2002 verunglückt die Label-Hoffnung und das TLC-Mitglied Lisa "Left Eye" Lopes mit ihrem Auto tödlich und hinterlässt eine große Lücke im Roster der Plattenfirma. Auch Suge persönlich erwarten keine rosigen Zeiten. Trotz der Zeit im Bau kann er seinem kriminellen Leben nicht abschwören und muss wieder wegen illegalem Waffenbesitz für 60 Tage ins Gefängnis. Doch das soll nicht der letzte Eintrag in seiner Akte gewesen sein. Nur fünf Monate später bedient ihn ein Parkanweiser so schlecht, dass der pflichtbewusste Angestellte eine Tracht Prügel bekommt. Dafür wandert Suge im August 2003 für zehn Monate in das Mule Creek State Prison in Kalifornien.
Nach der obligatorischen Wiedersehensfeier mit Familie und Freunden geht es Ende April 2004 gleich wieder an die Arbeit für Death Row, das Suge mittlerweile jedoch in Tha Row umbenannt hat. Neben dem neuen Album des derzeitigen Label-Zugpferdes Kurupt ("Against The Grain") und der Verpflichtung Petey Pablos macht der umstrittene "Rap-Mogul" als letztes dadurch von sich reden, dass er zur Weihnachtszeit ein Album veröffentlichen will, dessen Erlös an bedürftige Familien von US-Soldaten im Irak gestiftet wird. Ob der Knast den chronisch Kriminellen diesmal zu einem harmlosen Wohltäter gemacht hat, ist aber zu bezweifeln. Der Name Suge Knight ist einfach zu eng mit zwielichtigen Personen und kriminellen Machenschaften verbunden. Das weiß auch Rapper Mos Def, der im November 2005 während einer Show in Los Angeles Knight auf der Bühne auffordert, die Drahtzieher hinter dem Mord an Tupac preiszugeben: "Tell them who shot my man, Suge!" Die Antwort bleibt er schuldig.
Im April 2006 bestätigt sich zumindest das lange Gerücht, dass Tha Row vor dem finanziellen Aus steht. Suge Knight meldet für sich und sein Label Konkurs in Millionenhöhe an. Die Ära Death Row hat damit ein für alle Mal ein Ende gefunden. Der Name Suge Knight wohl auch.
1 Kommentar
Hab jetzt mal "American Dream/American Knightmare" (cooler Name! Bei RTL+ musste ich "Suge" eingeben weil er einfach die "Suge Knight Story" heisst. Typisch deutsche Titelverschlechterung) geguckt. In erster Linie ist der Film interessant weil er aus persönlichen Gesprächen zwischen Antoine Fuqua und Suge Knight besteht. Seine Eltern kommen auch zu Wort. Das die Erziehungsphilosophie des Vaters lediglich aus "Er kann machen was er will. Hauptsache er macht es richtig." bestand könnte erklären wie der Typ so skrupellos geworden ist. Abgesehen davon erfuhr ich leider wenig neues. Eins zwei mal kamen ihm die Tränen und einmal kotzt er einfach! Als er am Ende wegen Totschlags zu 28 Jahren verurteilt wurde und dann mit Tränen in den Augen in den Gerichtssaal geguckt hat, hat mich das schon berührt obwohl man mit dem Typen kein Mitleid haben kann. Er prahlt halt damit alle abgezogen zu haben und immer nur Gewalt als Mittel zur Problemlösung genutzt zu haben. Das gesagte muss ausserdem sehr stark angezweifelt werden wenn es aus seinem Mund kommt. Obwohl alles schon bekannt war und auch die Archivaufnahmen nicht unbekannt sind fand ich die Doku doch ganz ok. Suge ist, so abstoßend er und seine Handlungen auch sind, schon ein interessanter Typ.