laut.de-Kritik

Eine Verschnaufpause für den Feminismus - mit Haftbefehl-Cover.

Review von

History repeating – es stimmt schon: Jede Mode kehrt zurück, freilich in einer dem jeweiligen Zeitgeist gefallenden Variante. So konnte man auch abwarten, bis rustikal vorgetragener Rap auf monströsen Gitarrenriffs, landläufig Nu Metal genannt, hierzulande ein zweites Stelldichein feiert.

Lange Zeit war es recht still um das Genre, das irgendwo um die Jahrtausendwende seinen Zenith überschritt. Von Sittenwächtern der sich hier paarenden Stilrichtungen gerne als unangenehmer Ausrutscher der Musikgeschichte abgetan, machte Crossover aber durchaus Spaß. Man muss an dieser Stelle freilich nicht gleich Limp Bizkit sagen – kann man aber.

Schwierig war allerdings tatsächlich immer die Trias aus E-Gitarre, Sprechgesang und deutschen Texten: Das haben Blackeyed Blonde nicht wirklich hingekriegt, das haben sich Such A Surge nur auf wenigen Songs getraut und sowohl Humungous Fungus, Thumb als auch die H-Blockx beließen es – mehr oder weniger gekonnt – gleich ganz bei der Muttersprache des Genres.

Inzwischen sind rund 20 Jahre ins Land gezogen, Deutschrap hat sich im zweiten Anlauf prächtig entfaltet, und so liegt es auf der Hand, dass in irgendwelchen deutschen Kellern auch wieder Hartwurst produziert werden will. Auftritt The Butcher Sisters: Nimm die melodische Hit-Chemie von Kraftklub, die markerschütternden Drums von Machine Head, die brachialsten Riffs Deiner Lieblings-Metalband sowie die miesesten Sprüche der frühen K.I.Z. – und du stehst mittendrin im Moshpit.

Es ist eine helle Freude, derart unverkrampften und fett ausproduzierten 90er-Crossover im 2016er-Update zu hören. Hinzu kommt, dass die Knaben im Adidas-Tracksuit einen gepflegten Fick darauf geben, was man aktuell denken soll respektive sagen darf – und führen es vermittels todernst gebrülltem Vortrag ad absurdum. Ihr offizielles Debüt "Respekt und Robustheit" ist der Frauenarzt gewordene Sargnagel in Alice Schwarzers Erbe.

Songs wie "Schwanzvergleich", "Muskel" und "Pitbull" versuchen erst gar nicht, via ironischer Distanz oder doppeltem Boden trend-feministische Haltungen an den Mann zu bringen, wertvolle Beiträge zur Genderforschung zu liefern oder anderweitig konstruktive Gesellschaftskritik zu üben. Die Kritik lautet: Dein Pimmel ist zu kurz, dein Oberarm zu dünn, deine Karre untermotorisiert und deine Frau bei TBS im Tourbus. "Das hier ist Mannheim – der Name ist Programm."

Frontmann/MC Alex axtet sich von einer politischen Unkorrektheit zur nächsten: "Und wenn wir nach dem Workout duschen gehen, bist du ne Schwuchtel, wenn du nicht mit uns unter der Dusche stehst". Merkste selber, ne. Falls nicht, auch kein Problem, denn: "Die Girls stehen auf Eigentum, nicht Intellekt".

Während sich Deutschrap 2.0 dank der überdimensionalen Aufmerksamkeit heutzutage doppelt und dreifach aufs Maul schauen lassen muss, herrscht in der Nische von TBS die proletarische Gesinnungs-Anarchie der Gründerzeit: "Ich boxe auch Mongos — Inklusion / Bei mir landen alle — Intensivstation". Faust und Auge im Engtanz, der einzige Bildungsauftrag lautet hier Bodybuildung.

Überflüssig, die Songs auf im Detail zu beleuchten - es geht zu wie in der Schreinerei: Ein Brett am andern. Ausgefeilte Reimkunst wäre hier eh fehl am Platz. Den Unterhaltungswert der knapp 40 Minuten zwischen Schmähgedicht, Selbstverherrlichung und Postleitzahlenpatriotismus schmälert das kein bisschen. Im Gegenteil: Immer wieder unterbrochen von aggressiven Shouting-Passagen sitzt, passt und wackelt hier alles auf den brutalen Hardcore-Unterbau. Downset wären, rein musikalisch, stolz.

Dass die sechs Kurpfälzer mit Hip Hop aufgewachsen sind, scheint dennoch an allen Ecken und Enden durch. Ob nun diverse Kollegah-, Sido- und B-Tight-Referenzen oder nasale Farid Bang-Hommage: "Respekt "nd Robustheit" ist ganz klar auch ein Deutschrap-Kind - 1 auf Anabolika halt.

Dass die beiden elektronischen Remixes am Ende ein wenig aus dem Rahmen fallen, fängt wiederum die Tatsache auf, dass TBS mit einem "Ich Rolle Mit Meim Besten"-Cover die stabilste Haftbefehl-Liebeserklärung aller Zeiten hinterherschicken – was die zehn Songs davor in Summe nur noch besser macht.

Trackliste

  1. 1. Guck Auf Den Benz
  2. 2. Schwanzvergleich
  3. 3. Muskel
  4. 4. Streitschlichter
  5. 5. Pitbull
  6. 6. Was Für Gürtellinie
  7. 7. Läuft bei uns
  8. 8. Die Jungz Von Der 68
  9. 9. Küss Den Ring
  10. 10. Respekt Und Robustheit

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LAUT.DE-PORTRÄT The Butcher Sisters

Es tönt heftig nach Rapcore-Revival Anfang der 2010er Jahre. Alex (MC), Matsches (Shouts), Manuel, David (beide Gitarre), Florian (Bass) und Kai (Drums) …

2 Kommentare

  • Vor 8 Jahren

    bisschen mehr respekt für blackeyed blonde bitte, die haben mit "kämpf" ja wohl einen der geilsten bullensongs ever abgeliefert :lol:

    Bulle, du bischd känn mensch, du bischd die hand
    die misch driggd, quedschd, bis kurz vor de rand
    mir schdehds do, verlang von mir känn reschbeggd
    weil sich rechds in meinem maache
    griene kotze hochreckd
    die strckd sich noh owwe
    awwa bleib jedsd schehn braav
    die rechdsgedrehde gladzsäure
    schpridsd unn is schehn schaaf
    komm bigg disch, isch trähd da an dei aasch
    holladibolla, ferdisch zum ledschde schtrollemaasch
    näh, näh näh, ganz annaschd wär's jo besser,
    willschde misch hann,
    bruns da in die frads du schbeckfrässer!
    schlugg, schlugg, schluggs erunner schbür mei hass
    doch das wär noch ze wenisch
    schlislisch will isch aa mei schbaß
    also sah was de dengschd, ach das is jo absurd
    dei verschdand is im aasch
    unn hängd jo reschds annem gurd
    mach de kopp uff, ziehs eraus unn imm schehn druff
    abgedrickd unn ohmens schehn gesuff
    jedsd lei isch do unn du guggschd misch bleed aan
    midleid darf's nid genn, also schies noh dienschdplan
    zitter nit so, dei kopp nur eh blohs
    doch isch han die schbids nohdel,
    wer gewinnd ziehd e los
    "leider verloren!", fressd sisch in dei schbeckbauch,
    schwarz-rot-gold verblaßd zu braunem rauch
    isch bin zwar dohd, doch isch han disch geschdoch
    verfaule sollschde langsam von inne bis an dei loch!

    kämpf, klähna scheißa, kämpf hadd,
    ich mach dich weg

    do gäbbts e paa, die laafe annaschda rum
    auslänna, teenies, freaks, awwa nit dumm
    de tuff, de pat, handschelle uff'm rigge
    gell, das ging da ab, do noch e paa rinzedrigge
    karcher saabrigge, die hann misch gefickt
    de Taste war erscht sibbzehn,
    allähn, ihr ze drtii
    vor 2 joah 'm zarkov e knibbel uff's au
    klick - 60% de behinnade blick

    bulle-f___, komm her
    isch drehda in de sack
    gäbbt's nix ze lache, muscht nidd mache
    mid deinem didi-schnäuz
    komm her, ich ballada die fratz
    du kennschd misch nidd
    awwa ich disch 'sau' genau
    komm her, 7, 8 uff's maul
    dummschulschwänzer, komm her,
    jetzt gebbt's uff die fress
    grump, grump, grump, unngekaut 'gess

    kämpf
    du bischt heit schlecht druff, gell?
    haschd's nidd gebrung bei deiner fraa,
    heit nacht zevill gesoff
    jo, 's revierdreffe wa aach
    e bissje vill, gell?
    gummo do hinne der,
    der faaht jo vill ze schnell
    hop, hinnaher
    "demm schlaanich jetzt uff's maul,
    der hat e kapp angehat
    ich bin die macht, bin der ledschde,
    der lacht"
    du bischd nidd annaschda
    wie e bleeda kirwe-didi
    du bischd so pipi
    hop - los - woruff waadschde dann
    zieh dei f___-scheiß-didi-braune
    handschuh ahn
    ubbbs, diesmo bischde allähn
    diesmo brech isch da's bähn
    elleboe in die fratz
    alles annere wär fir die katz
    zum schwätze isses zespät,
    steh uff, du sau
    bob, das war's
    kenn chance, ciao kakau