laut.de-Biographie
Therapy?
Beeinflusst von Bands wie Big Black, Snuff oder Hüsker Dü (deren Song "Diane" sie auf "Infernal Love" covern), gründen Sänger/Gitarrist Andy Cairns, Bassist Michael McKeegan und Schlagzeuger Fyfe Ewing 1990 in Nordirland die Band Therapy?.
Schon mit ihrer ersten Single "Meat Abstract" finden sie bei irischen Radiostationen und auch bei John Peel von Radio 1 große Befürworter in England, die nicht ganz unbeteiligt daran sind, dass die erste EP "Babyteeth" gleich mal auf Platz 1 der Indiecharts geht. Nach der zweiten EP "Pleasure Death" debütieren sie im Rest Europas nach einer ersten Tour mit Babes In Toyland über A&M Records mit "Nurse". Damit machen sie noch keinen großen Stich, aber mit dem anschließend veröffentlichten Album "Troublegum" gehen sie dafür international durch die Decke.
"Troublegum" meistert den Spagat zwischen Independent und Mainstream, zwischen Akzeptanz und Sell-Out und geht erstmals weg vom eiskalten und präzisen Therapy?-Sound der frühen 90er Jahre. Dieses Markenzeichen bröckelt im Laufe der weiteren Alben noch stärker. Doch 1993 starten sie erst mal richtig durch, spielen mit Namen wie Henry Rollins und Ozzy Osbourne und folglich laufen ihre Songs "Nowhere" und "Screamager" in jeder Alternative-Disco hoch und runter.
Auf dem Nachfolgealbum "Infernal Love" (1995) finden erstmals auch Streicher Einzug. Kurze Zeit später wird der Gitarrist und Cellist Martin McCarrick, der zuvor bei Siouxsie And The Banshees und Marc Almond musizierte, zum vierten Bandmitglied ernannt. Mit ihm geht es zum ersten Mal auch durch Südamerika und Australien, doch so euphorisch wie der Vorgänger wird die Scheibe schon nicht mehr aufgenommen. Ein Jahr später ersetzt Graham Hopkins den Mann hinter der Schießbude (Fyfe Ewing wurde der Tourstress zu viel, seitdem spielt er bei The Divers) - die letzte Therapy?-Bastion war gefallen.
Mit "Semi-Detached" fängt der Ärger 1998 so richtig an, denn das Label macht kurz nach der Veröffentlichung pleite, weswegen die Scheibe in den Staaten erst mal gar nicht erscheint. Davon lassen sich die Iren aber nicht ablenken, sondern machen sich einfach zügig an die Arbeiten zu einem neuen Album. Mit ihrem fünften Streich, der laut Andy Cairns "a bit of a fuck you" ist, hauen sie den alten Fans bewusst neue Töne vor den Kopf und fühlen sich gut dabei.
Hopkins ist nach längerem Ausfall wegen eines gebrochenen Arms wieder fit, der neue Deal beim Label Ark21 perfekt und mit "Suicide Pact - You First" frönen sie selbstbewusst nur dem eigenen Erhaltungstrieb. "Hätten wir ein zweites 'Semi-Detached'-Album gemacht - es wäre mit uns innerhalb eines Jahres vorbei gewesen. Dieses Album brauchten wir einfach, um uns am Leben zu halten. Und es hat verdammt viel Spaß gemacht", freut sich Sänger Cairns.
Spaß am Musikmachen hat das Quartett auch noch im neuen Jahrtausend. Und so erscheint 2001 das sechste Studioalbum, auf dem sich die Iren zwischen Punk und Rockabilly austoben. Endes des Jahres macht Drummer Graham Hopkins die Gerüchte wahr und verlässt die Gruppe, um fortan eigene musikalische Wege zu gehen.
Frontmann Cairns dementiert umgehend Auflösungsgerüchte und verspricht eine neue Band-Ära mit noch mehr Punk, Metal und Rock'n'Roll. Was sich mit "High Anxiety" zumindest teilweise bestätigt. Für Martin McCarrick ist es die letzte Scheibe mit Therapy?. Er fliegt kurz vor einer gemeinsamen Tour mit The Wildhearts aus der Band.
Ein letztes Mal taucht er auf der DVD "Scopophobia" auf. Ersatz wird erst gar keiner gesucht, denn Therapy? machen wieder in guter, alter Tradition als Trio weiter. An sich kein falscher Entschluss, denn "Never Apologise, Never Explain" hat ein Jahr später durchaus das Zeug dazu, an alte Erfolge anzuknüpfen. Ein Urteil, das man anschließend leider nicht mehr fällen kann. Anstatt weiter an unsterblichen Klassikern zu schrauben, veröffentlichen Therapy? in der Folge fußlahme Altrocker-Alben, die das Feuer und den Ideenreichtum der alten Tage schmerzlich vermissen lassen.
Doch wer Therapy? deswegen abschriebe, hätte die Rechnung ohne Andy Cairns gemacht, der mindestens genau so ein Stehaufmännchen ist, wie die Antihelden seiner Texte. Für "Disquiet" holen sie sich als Produzenten Tom Dalgety. Der macht seine Sache durchaus solide. In den härteren Passagen fehlt der Platte allerdings ein letzter Tropfen Adrenalin.
Genau diese Explosivität bringt ihr alter Weggefährte Chris Sheldon als Producer mit, der ihnen u.a. bereits "Troublegum" auf den Leib schneiderte. So markiert "Cleave" im Herbst 2018 endgültig ihre qualitative Wiedergeburt. Seit ihrer großartigen Trilogie "Nurse", "Troublegum" und "Infernal Love" waren die Nordiren textlich und musikalisch nicht mehr so sehr bei sich wie auf diesem 15. Studioalbum. Cairns: "All unsere Stärken sind versammelt; catchy Melodien, catchy Riffs und ballernde Drums. Es sollte eine Art 'Troublegum meets Nurse' für das 21. Jahrhundert werden, und das klappte sogar noch eine Million Mal besser als zunächst gedacht."
Anschließend lässt sich die Band aber ordentliche 5 Jahre Zeit, bis "Hard Cold Fire" das Trio mit ihrem unverwechselbaren Sound wieder ins Gespräch bringt.
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