laut.de-Kritik

Bei den Krefeldern stehen alle Zeichen auf Sturm.

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Auf dem zwölften Album "The God Machine" der Krefelder Metal-Institution Blind Guardian stehen nach dem Orchester-Werk "Legacy Of The Dark Lands" alle Zeichen auf Sturm. Die Bandvorsteher Hansi Kürsch und Andre Olbrich setzen in der Summe auf schnörkellose und Gitarren-getriebene Power Metal-Hymnen wie "Deliver Us From Evil", "Violent Shadows" oder "Blood Of The Elves", die die 35 Jahre Band-Bestehen ordentlich aufmotzen. Schick auch die Ballade "Let It Be No More", die der nicht armen Historie an Mitsing-Nummern wie "The Bard's Song" ein weiteres Kapitel hinzufügt.

Schaut man auf die miteinander verbundenen Alben "At The Edge Of Time" und "Beyond The Red Mirror" sowie das kompositorisch fantastische, aber konzeptuell überbordende "Legacy Of The Dark Lands" zurück, dann wirken Blind Guardian 2022 regelrecht entschlackt. Da wäre das Artwork, eine Abkehr von den quietschbunten Fantasiegemälden der Vergangenheit. Auch kehrt die Band den 1001 Spuren der vergangenen Produktionen den Rücken zu und besinnt sich auf die Kernkompetenzen einer Rockband. Ungeachtet dessen bieten die einzelnen Tracks viel Abwechslung, geraten so kompakt wie seit "A Twist In The Myth" nicht mehr. Auch Kürschs Sideprojekt Demons & Wizards mit dem mittlerweile auf Abwegen gekommenen Ex-Iced Earth-Boss Jon Schaffer lässt sich als Vergleich heranziehen.

Kürsch platziert seine Texte wie häufig auf Fantasie-Erzählungen. Der Widerstreit zwischen alten und neuen Göttern in Neil Gaimans Roman "American Gods" bildet die Hintergrundfolie für den Track "Secrets Of The American Gods", der in Sachen Epik und Orchestrierung wie eine Verbindung zwischen den alten und neuen Blind Guardian wirkt. "Blood Of The Elves" ist kein folkloristisches Tralala, sondern knüppelharter Speed Metal, zu dem es sich prima Hobbits, Zwerge und Drachen jagen lässt.

Der stimmgewaltigen Barden Kürsch vereinigt den Heldentenor, den Metaller und den Storyteller in einer Person. Der Dauer-Brainer Olbrich spielt seine eigenwillige wie begeisternde Gitarren-Mixtur aus Brian May, Adrian Smith und Yngwie Malmsteen in gewohnter Ausdauer und Lässigkeit. Ohne Frederik Ehmke als Kesseltreiber und Markus Siepen als Rhythmus-Gitarrist wäre das Quartett nicht komplett.

Die holpernde Riff-Rhythmik, die seit Metallicas "Don't Tread On Me" salonfähig geworden ist, zieht sich wie ein roter Faden durch den Closer "Destiny". Bei "Life Beyond The Spheres" tauchen Kürsch und Co. tief in die eigene Historie und setzen sich ein kompositorisches Denkmal, das auch auf "Imaginations From The Other Side" oder "Nightfall In Middle Earth" seinen Platz gefunden hätte.

Dass die hochtalentierte Formation nicht bei einem reinen Abklatsch eines Referenzwerkes wie "Somewhere Far Beyond" landet, liegt an den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte und dem gewachsenen Selbstverständnis wie Selbstbewusstsein als Musiker. Die Krefelder gehen zudem neue Wege und legen den Mix in die Hände von Joost Van Den Broek, der bereits für Ayreon und Powerwolf ganze Arbeit geleistet hat. Ähnlich wie im vergangenen Jahr Helloween oder jüngst Kreator beweisen Blind Guardian, dass traditionell geschmiedeter Schland-Stahl noch längst nicht zum alten Eisen gehört.

Trackliste

  1. 1. Deliver Us From Evil
  2. 2. Damnation
  3. 3. Secrets Of The American Gods
  4. 4. Violent Shadows
  5. 5. Life Beyond The Spheres
  6. 6. Architects Of Doom
  7. 7. Let It Be No More
  8. 8. Blood Of The Elves
  9. 9. Destiny

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