laut.de-Kritik
Comeback von Maynard James Keenans Lieblingsband.
Review von Michael SchuhSchwer zu sagen, wie man als Europäer Ende der 90er Jahre ohne (anständiges) Internet auf die Alternative-Band Failure hätte aufmerksam werden können. Das Trio aus Los Angeles landete hierzulande keinen einzigen Hit, der auf MTV gelaufen wäre, was bei einem Knalleralbum wie "Fantastic Planet" (1996) nach wie vor rätselhaft erscheint. Und während Desert Sessions-Impressario Alain Johannes' alte Band Eleven damals wenigstens Soundgarden in Deutschland supporten durfte (was letztlich aber auch nix brachte), machten Failure ihrem Namen alle Ehre und gingen in den Staaten 1997 nach drei Studioalben ein.
Auch ich hatte damals kein so gutes Internet und entdeckte Failure deshalb auch nicht auf einer Geocities-Seite, sondern auf dem Depeche Mode-Sampler "For The Masses", wo sie "Enjoy The Silence" coverten. So überzeugend, dass ich mir hernach zwei Failure-Alben sowie das "Shifting Skin"-Album von Sänger Ken Andrews' Soloprojekt On besorgte (wofür ich natürlich in die USA reisen musste).
Das ist lange her und hört man sich heute im Netz um, scheinen sich vor allem erfolgreiche Musiker an das bestgehütete Grunge-Geheimnis Kaliforniens zu erinnern. Allen voran L.A.-Buddy Maynard James Keenan, der von sich behauptet, die Failure-Reunion 2014 mit der Einladung als Special Guest zu seiner 50er Geburtstagsparty überhaupt erst angefacht zu haben. Kurz darauf gings für Ken Andrews und Co. mit Tool auf Tournee - kein schlechter Anfang nach knapp 20 Jahren Babypause.
Nun freuen sich Menschen wie Billy Howerdel (A Perfect Circle), Dean DeLeo (Stone Temple Pilots) und Faith No More-Gitarrist Bill Gould über das Album-Comeback. Ganz ähnlich wie Goulds Altherrenmannschaft wollten auch Failure nach ihrer langen Auszeit alles, nur nicht einfach ihr letztes Album aus den 90ern reproduzieren: "Wir mussten erst mal herausfinden, ob wir noch Songs schreiben können, die an 'Fantastic Planet' heranreichen. Also gingen Greg und ich ins Studio und hatten nach sechs Monaten vier Songs, die wir richtig gut fanden", erinnert sich Andrews.
Der wuchtige Opener "Hot Traveler" weckt bei Band-Kennern wohlige Erinnerungen: Failure doppeln Gitarrenspuren wie in alten Tagen, kreieren spannende Dynamiken und haben in Andrews immer noch einen ausdrucksstarken Sänger. Das richtige Gitarrenbrett packen sie aber erst auf "A.M. Amnesia" aus, wobei sie stets der Melodie folgen, Foo Fighters meets Space Rock.
Das zunächst ruhige "Snow Angel" gibt Andrews die Möglichkeit, mit Stimmharmonien zu experimentieren, bevor im Refrain die ganze Band einsteigt. Das eingängige "Atom City Queen" besticht durch dumpf dröhnenden Bass und scharfe Gitarren und bietet bei aller Vertracktheit doch genug Mitgröl-Potenzial. Sechs atmosphärische Instrumentals, meist eine Minute lang, leiten zwischen den Songs über und nehmen meist das Tempo raus.
"Mulholland Drive", eine sublime Prog-Ballade mit Piano, fällt aus dem Rahmen und mäandert zwischen "Abbey Road"-Beatles und "Dark Side Of The Moon"-Floyd. Danach werden Failure etwas fahrlässig: Das schwachbrüstige "Fair Light Era" erinnert an die weniger talentierten Combos der Grunge-Ära und auch "The Focus" geht eher in Richtung weich gespülte Bush. Auf "Otherwhere" gelingt ihnen das besser: Der in den Strophen straighte Rocksong prallt auf einen molllastigen Melancholie-Refrain, in dem die Band eine schräge Atmosphäre erzeugt, die entfernt an Perfect Circle erinnert.
Mit "I Can See Houses" finden Failure endgültig zurück in die Spur und erschaffen einen gewaltigen, fein austarierten Rock-Monolithen voll hin- und herpendelnder Stimmungen und großen Harmonien. Schön, dass sie zurück sind. Und dass ihre Musik jetzt so einfach auf Streamingdiensten entdeckt werden kann.
6 Kommentare mit 2 Antworten
Vier Sterne gehen klar. Verdammt gutes Album, was glücklicherweise wie ein Nachfolger zu Fantastic Planet klingt. Einzig und allein das extreme Namedropping, was die Hälfte der Rezension aus macht, ist für meinen Geschmack übertrieben. Da hätte es sich doch mehr gelohnt, genauer auf den Sound einzugegen, gerade im Vergleich mit Bands der Era, die groß rausgekommen sind, was Failure ja verwehrt blieb.
wäre ich lieblingsband von manyard james keenan würde ich mich wohl auflösen. wie schnecken in salz =[ ich höre trotzdem mal rein.
Noch nie von denen gehört. Ein ziemlich geiles Album. Es hat diese Melancholie und Mystery.
Wer A.M. Amnesia in die Nähe der Foo Fighters rückt, der ist auch Wolfsburg-Fan.
what?
Danke Herr Schuh, Sie haben hungernden Grunge-Fans einen Gefallen getan. Doch wer auch immer so abartig viel Kompression auf das Schlagzeug gelegt hat, gehört gesteinigt. Welch Pein für die Ohren...
3. Durchlauf -> hat mich voll gepackt!
Scheiss auf Kompression ...