Porträt

laut.de-Biographie

Ginger Baker

Kaum ein Musiker hat so polarisiert wie Peter Edward Baker, den aufgrund seines karottenfarbenen Schopfes alle Ginger nannten. Er war vermutlich der talentierteste Schlagzeuger seiner Generation, aber auch ein Mann der Extreme: Ob Bandkollegen, Familienmitglieder oder Journalisten - er schaffte es stets, seine Mitmenschen mit seiner explosiven Art zu verängstigen und zu vergraulen.

Ginger Baker: Die Schlagzeug-Legende ist tot Aktuelle News
Ginger Baker Die Schlagzeug-Legende ist tot
Ein streitbares Genie ist von uns gegangen: Der stilprägende Drummer starb im Alter von 80 Jahren.

Seine Leidenschaft gilt zunächst dem Jazz. 1939 im Süden Londons geboren, beginnt er mit 15, Schlagzeug zu spielen. Er nimmt Stunden bei der britischen Größe Phil Seamen, die ihn in die Geheimnisse der Zunft einweiht. Und ins Heroin, eine Sucht, die Bruce Jahrzehnte lang begleiten wird.

Zu Beginn der 1960er Jahre spielt Bruce mit Alexis Korner, der mit seinen Blues Inc. die Stammzelle der britischen Rhythm And Blues-Szene bildet. Dort lernt er den Bassisten Jack Bruce kennen, mit dem ihn sein Leben lang eine Hassliebe verbindet: Er sei der erste Musiker gewesen, der sein Gefühl für Musik teilte, so Baker. Was ihn nicht daran hindert, wüste Streitereien anzuzetteln, die auch mal handgreiflich enden.

1966 gründen sie gemeinsam mit Eric Clapton Cream, die Blaupause des Rocks nach den Beatles - schnell, virtuos, laut. Mit "Fresh Cream" (1966), "Disraeli Gears" (1967) und "Wheels Of Fire" (1968) feiern sie große kommerzielle Erfolge, Bakers einzigartiges Rhythmusgefühl macht ihm zum Vorbild vieler angehender Schlagzeuger. Auch wenn er oft in einem Atemzug mit den ebenfalls wilden Keith Moon von The Who und John Bonham von Led Zeppelin genannt wird - Baker ist eine Klasse für sich.

Cream überleben nur 18 Monate. Clapton ist wenig begeistert, als Baker plötzlich in der Band auftaucht, die er im Anschluss mit Steve Winwood gründet, Blind Faith. Die Zusammenarbeit bleibt ebenfalls von kurzer Dauer. Mit Winwood als Keyboarder stellt der Schlagzeuger Ginger Baker's Airforce zusammen, die neben ihm zwei weitere Schlagzeuger beherbergt, unter ihnen Maestro Phil Seamen. Horrende Kosten bei Liveauftritten und ein aberwitziger Drogenkonsum führen auch diesmal zu einem raschen Scheitern.

1971 lässt Baker Frau und drei Kinder in London zurück, steigt in seinen Range Rover und fährt nach Lagos, um mit seinem Freund Fela Kuti zu musizieren. 1973 eröffnet Baker in der nigerianischen Hauptstadt ein Studio, in dem unter anderen Paul McCartney aufnimmt. Baker kommt immer wieder nach Europa zurück, um zu spielen, etwa mit der Baker Gurvitz Army.

Auch das Studio-Projekt endet abrupt: Als die Polizei eines Tages anklopft, steigt Baker aus dem Fenster und braust auf Nimmerwiedersehen in seinem Geländewagen davon. Nach London bringt er Schulden und eine Liebe für Pferde mit, die er beim Polo spielen in Nigeria entdeckt hat.

Cream - Royal Albert Hall
Cream Royal Albert Hall
Musikalisch wertvolles Klassentreffen älterer Leute.
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Als die britischen Behörden zum Eintreiben von Steuerschulden seinen gesamten Besitz beschlagnahmen, landet seine Familie auf der Straße. Baker brennt mit dem Kindermädchen durch und verzieht sich in ein verfallenes Haus nach Italien. Nicht gerade Rock'n'Roll, weshalb ihn seine zweite Frau alsbald verlässt. 1985 stöbert ihn dort Produzent Bill Laswell auf und nimmt in mit nach New York, wo Baker an den Aufnahmen zu PILs "Album" teilnimmt. Deren Frontmann John Lydon dürfte eine der wenigen Menschen sein, die ihn so akzeptierten, wie er war.

In den 1990er Jahren lebt Baker in den USA, wo er sich erst als Schauspieler versucht, dann mit einer Zeitungsannonce als Schlagzeuger. Schließlich landet er mit seiner dritten Frau in Colorado, wo er ein Pologelände betreibt und dort an Wochenenden Jazzkonzerte gibt. Zwischendrin spielt er mit Bill Frisell und Gary Moore, 1999 veröffentlicht er das vertrackte Jazz-Album "Coward Of The County" mit dem Denver Jazz Quintet-to-Octet (DJQ2O), auf dem er zeigt, dass er nach wie vor hervorragend spielt.

Die USA und seine Frau verlässt er wie gewohnt abrupt - und baut sich zu Beginn des neuen Jahrtausends eine neue Existenz in Südafrika auf. Dank einer Cream-Reunion 2005 hat er genügend Geld, um seinen Pferdestall zu füllen. Auf seinem Anwesen besucht ihn der Fotograf Jay Bulger, um einen Artikel für den Rolling Stone zu schreiben ("The Devil And Ginger Baker") und im Anschluss einen Film zu drehen. "Beware Of Mr. Baker" sorgt 2012 für Aufsehen - und für eine gebrochene Nase, als Baker Bulger wutentbrannt mit seinem Spazierstock ins Gesicht schlägt.

Von Schulden und Gesundheitsproblemen geplagt, gibt der Kettenraucher kein gutes Bild von sich ab. Doch richtet er sich nochmal auf - nach Zwangsversteigerung und Ende von Ehe Nummer vier gründet er 2014 die Ginger Baker Jazz Confusion und veröffentlicht das Album "Why?". Doch sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend, am 6. Oktober 2019 stirbt er in einem Londoner Krankenhaus. "Unter seinem aufbrausenden Äußeren befand sich ein sehr sensibler Mensch mit einem Herzen aus Gold," würdigt ihn sein ehemaliger Weggefährte Winwood.

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