laut.de-Biographie
Journey
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Zumal dann, wenn er als erst 15-Jähriger der Combo um Carlos Santana beitritt und mit jener um die Welt zieht. Die Rede ist von Gitarrero Neil Schon. Im zarten Teenie-Alter schließt er sich dem Latino-Rocker an, mit dem er bis 1973 unterwegs ist. Als er aus der Combo aussteigt, schnappt er sich Keyboarder und Sänger Gregg Rolie, der zusammen mit ihm bei Santana spielte, und gründet eine neue Band.
Das Duo holt sich weitere Mitstreiter ins Boot. Namentlich handelt es sich um Bassist Ross Valory, Schlagzeuger Prairie Prince (den kurz darauf aber schon Ex-Zappa- und Bowie-Drummer Aynsley Dunbar ersetzt) und Gitarrist George Tickner. Dieses Line-Up bleibt zunächst namenlos. Erst ein Hörer-Wettbewerb des in San Francisco ansässigen Radiosenders KSAN-FM verhilft der Truppe zum Namen Journey.
In dieser Besetzung entsteht 1975 das selbstbetitelte Debüt. Dass die beiden Hauptakteure Rolie und Schon eine Santana-Vergangenheit ihr Eigen nennen, ist der Platte deutlich anzuhören. Der kräftige Rock erfährt aus der Jazz- und Latino-Ecke stilistische Unterstützung.
Mit dieser Melange setzen sich Journey zwischen alle Stühle. Zu progressiv für Popkonsumenten und gleichzeitig zu poppig, um den Prog-Fan zu überzeugen, dauert die Stilfindung der Band weiter an. Das ein Jahr später erscheinende "Look Into The Future" - bei dem Tickner schon nicht mehr mitwirkt - sowie das dritte Album "Next" führen die mit dem Debüt eingeschlagene Linie fort, ohne jedoch den großen Erfolg zu landen.
Erst, als auf Drängen von Manager Herbie Herbert ein Wechsel in der Besetzung erfolgt, gibt es den erhofften Boost. Fürderhin kümmert sich Gregg Rolie vornehmlich um seine schönen Keyboard-Arrangements und überlässt den Job am Mikro dem neuen Sänger Steve Perry. Mit diesem Umschwung geht auch eine komplette Neuausrichtung in der Musik einher.
An sieben von zehn Songs des Albums "Infinity" ist der Neue beteiligt. Jazzige Einschläge wandern in die Mülltonne. Unter der Ägide von Produzent Roy Thomas Baker (Queen, Nazareth) entstehen kräftige, eingängige Hooks, die nun den Ton angeben. Auf jener Scheibe befindet sich auch "Wheel In The Sky", das mit Fug und Recht als absoluter Klassiker des Melodic-Rocks verstanden werden darf. So finden Journey den Weg ins Mainstream-Radio und erschließen sich eine komplett neue Hörerschicht.
Die Kehrtwende möchte Drummer Dunbar nicht mehr mitmachen und verabschiedet sich in Richtung Jefferson Starship. Seinen Platz nimmt auf dem 1979 erscheinenden "Evolution" bereits Steve Smith ein. Der Titel deutet es an: Journey haben ihr eigene Revolution erfolgreich abgeschlossen und verfeinern das Konzept von nun an.
Die ganz großen Kracher birgt ihr viertes Album nicht (obwohl "Lovin', Touchin', Squeezin'" zu ihrem ersten Top 20-Hit avanciert), was dem Verkaufserfolg der Scheibe jedoch kaum abträglich ist. Zum Dauerbrenner mutiert die Band eher durch ihre permanente und exzellente Live-Präsenz. Im Anschluss an jeden Release spielen sie eine Mammut-Tour nach der anderen.
"Departure" (1980) und die 1981er Live-Scheibe "Captured" zementieren ihren Status in der oberen Rock-Liga. Letzteres markiert das Ende von Gregg Rolie in der Band. Für ihn kommt Jonathan Cain, mit ihm spielen sie "Escape" ein, das 1981 zu ihrem endgültigen Durchbruch gerät. Die Platte geht auf Nummer eins, die daraus ausgekoppelten Singles "Who's Crying Now" "Don't Stop Believin'" und "Open Arms" (allesamt Balladen) erreichen nacheinander die Top 10 der Billboard-Charts. Dank Perrys einschmeichelndem Gesang, Schons versiertem Gitarrenspiel und Cains akzentuierten Keyboard-Einsätzen kommen alle Stärken Journeys zum Tragen. Mit diesem Album kommen sie endgültig im Mainstream an.
1983 steht im Zeichen von "Frontiers", das mit dem hervorragenden "Seperate Ways" aufwartet. Neil Schon pfeffert ein eingängiges und powervolles Riff, das auch noch nach Jahrzehnten unverkennbar ist. Der Gesamtcharakter des Albums gerät etwas steriler aufgrund der frisch in Mode gekommenen Synthieflächen, die Cain dankbar aufgreift, was jedoch der Scheibe einen etwas unterkühlten Touch verleiht.
Steve Perry kommt 1984 mit seiner ersten Solo-Scheibe "Street Talk" um die Ecke, mit der er sogar Doppelplatin absahnt. Zu der Zeit hat Neil schon bereits zwei eigene Platten veröffentlicht ("Untold Passion", "Here To Stay"; beide mit Jan Hammer), die aber eher etwas für eingefleischte Fans sind.
Bis zum nächsten Journey-Release dauert es ungewöhnlich lange. Erst 1986 erblickt "Raised On Radio" das Licht der Welt. Schon, Perry und Cain schustern die Songs zusammen, Bassist Valory sowie Schlagzeuger Smith gehören nicht mehr dem Line-Up an. Nach der sich anschließenden Tour lösen sich Journey erst einmal in Wohlgefallen auf.
Perry widmet sich wieder seiner Solo-Karriere. Der nächste anvisierte Release "Against The Wall" erscheint jedoch nie, das 1994er "For The Love Of Strange Medicine" knüpft an seine ersten Solo-Gehversuche kaum an. Neil und Jonathan gründen mit Sänger John Waite 1988 die Supergruppe Bad English, die mit den Singles "When I See You Smile" und "Price Of Love" zwei Megahits landet. Aber bereits das zweite Album in diesem Bandkontext floppt im Jahre 1991; das Ende der Dominanz der gemäßigten Hardrockbands scheint sich am Horizont abzuzeichnen.
Cain, Perry und Schon trommeln dann 1996 tatsächlich wieder Ross Valory und Schlagzeuger Steve Smith für eine Reunion zusammen. "Trial By Fire" schließt nahtlos an vergangene Zeiten an. "When You Love A Woman" heimst Single-Gold ein, das Album Platin. Nach dieser Veröffentlichung nehmen Perry und Smith ihre Hüte. Der Rest ist aber nicht gewillt, das Handtuch zu werfen, im Gegenteil. Das erste Lebenszeichen der neuen Bandmitglieder ertönt auf dem Soundtrack zum Film "Armageddon". Sänger Steve Augeri (Ex-Tall Stories) und Deen Castronovo (Ex-Bad English) spielen die Ballade "Remember Me" ein.
Erstmals stellen Augeri und Castronovo ihr Können über Albumlänge auf "Arrival" unter Beweis. In gewohnter Form und mit den altbewährten Zutaten geht es wieder in die Vollen. Der Lack mag für manch altgedienten Fan etwas ab sein, aber zumindest handwerklich kann man den Jungs nicht an den Karren fahren. 2002 erscheint die EP "Red 13". Im folgenden Jahr sind Journey mit den Classic Rock-Monstern von Styx und REO Speedwagon in den USA auf Tour, und auch 2004 sind sie wieder auf Reisen.
Am 21. Januar 2005 erhalten sie endlich auch ihren Stern auf dem Walk Of Fame, schließlich gehören sie mit weltweit über 75 Millionen verkauften Scheiben zu den ganz Großen der Musikgeschichte. Nach einigen Problemen persönlicher wie musikalischer Art zeigen sie sich 2005 mit "Generations" in gewohnt guter Form. Vor allem stimmlich überzeugt das Album, da sich alle fünf Mitglieder am Gesang beteiligen.
Leadsänger Steve Augeri scheidet 2007 wieder aus, nachdem ihn auf der Tour mit Def Leppard bereits Jeff Scott Soto krankheitsbedingt vertreten hat. Doch auch er bleibt nicht lange dabei und so präsentieren Journey 2008 mit dem Doppel-Longplayer "Revelations" einen neuen Sänger: Den Filipino Arnel Pineda, mit dem elf neue Songs sowie elf ältere Stücke auf jeweils einer CD aufgenommen wurden.
Damit hat sich der ehemalige Sänger einer Journey-Coverband auf einen Schlag etabliert und ins Bandgefüge integriert. Dass in dieser Besetzung mit Journey nach wie vor zu rechnen ist, machen sie mit "Eclipse" im Juni 2011 deutlich. 2016 wird die Band in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, 2018 knüpft Steve Perry mit seinem Soloalbum "Faces" an den Sound von Journey an.
Nach "Revelations" (2008) und "Eclipse" (2011) folgt 2022 mit "Freedom" der dritte Streich mit Pineda am Mikro. Ein guter Entschluss, schließlich verbindet der philippinische Sänger das Beste der beiden vorherigen Steves, Augeri und natürlich Goldkehle Perry. Mit gehaltvollem Songwriting sorgen Journey so für große Freude im Fanlager. 2023 stirbt Gründungsmitglied George Tickner im Alter von 76 Jahren.
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