laut.de-Kritik

Karriere-Rückblick auf zehn CDs.

Review von

Die Aufarbeitung der Vergangenheit geht für die Sängerin aus Upstate New York weiter: Nachdem sie 2015 zum 20. Jubiläum ihr Solodebüt "Tigerlily" mit Streichern und dem Titel "Paradise Is There" neu aufnahm, präsentiert sie nun zwei Jahre später einen umfassenden Rückblick ihrer Tätigkeit nach 10.000 Maniacs.

Das hatte sie schon mal getan, nämlich 2006 mit der liebevoll kuratierten "Retrospective 1990 - 2005". Diesmal packt sie all ihre Studioarbeiten in eine dunkel gestaltete Kartonverpackung, neben dem Debüt "Ophelia" (1998), "Motherland" (2001), "The House Carpenter's Daughter" (2003), "Leave Your Sleep" (2010) in der 2 CD-Version, "Natalie Merchant" (2014) und die Neufassung von "Tigerlily". Alles schön, aber alles schon bekannt. Und von der Soundqualität so gut, dass es keines Remasterings bedurfte.

Als Schmankerl ging Merchant ins Studio, um für CD 9 mit dem Titel "Butterfly" noch einmal einige alte Stücke und vier neue ("Butterfly", "She Devil", "Baby Mine", "Andalucía") mit Streichern aufzunehmen. Ein neues "Motherland" ist nicht dabei, doch fügt sich das noch unbekannte Material gut ins schon bekannte ein, auch wenn die Arrangements stellenweise etwas hölzern klingen.

CD 10 ist dann unvermeintlich einigen "Rarities" gewidmet. Der direkte Vergleich zeigt, dass Merchants Stimme nach wie vor eine Klasse für sich ist und mit den Jahren sogar an Tiefe gewonnen hat. Jedoch auch, dass die Freude ein Stück weit verloren gegangen ist.

Letzteres ist hoffentlich nur ein vorübergehender Zustand. CD 10 bietet tatsächlich einige schöne Momente, angefangen beim Opener "The Village Green Preservation Society" der Kinks. Mit dabei auch Duette mit David Byrne ("Order 1081"), den Chieftains ("The Lowlands Of Holland") und Amy Helm ("Saint Judas") sowie die Covers "To Love Is To Bury" der Cowboy Junkies, Randy Newmans grandios sarkastisches "Political Science" und eine nachdenkliche Version von Buddy Hollys "Learning The Game".

Nicht gerade eine Seltenheit sind "Birds & Ships", das auf Billy Bragg & Wilcos "Mermaid Avenue" erschien, und "The Gulf Of Araby", das auf ihren bislang einzigen Livealbum "In Concert" herauskam. Das letzteres nicht komplett Teil der Sammlung ist, scheint eh eine merkwürdige Entscheidung, enthielt es mit David Bowies "Space Oddity" und Neil Youngs "After The Gold Rush" mindestens zwei weitere gelungene Coverversionen.

Gelungen sind ihr dagegen die musikalische Umsetzung von William Shakespeares "Sonnet 732"und die Traditionals "My Sweet Baby" sowie "Sit Down, Sister". Den Schluss macht ein neues, kurzes Stück namens "Portofino", das mit Bossa Nova zwinkert und bei dem sich Merchants vokaler Beitrag auf "Nanana Nanana" beschränkt.

Wie gewohnt ist die Sammlung mit einem dicken Booklet ausgestattet, mit allen Songtexten und vielen Bildern. Nüchtern fällt die Widmung ganz zum Schluss aus, eine Danksagung an all die Musiker, Produzenten, Manager, Fotografen und so weiter, mit denen sie im Laufe der Jahre zusammen gearbeitet hat.

Ihr Publikum erwähnt sie interessanterweise nicht. Das passt zum Eindruck, dass die "Collection" ein an sich schöner Rückblick ist, der aber nicht so liebevoll ausfällt wie sonst von ihr gewohnt.

Trackliste

CD 1 - Tigerlily (1995)

CD 2 - Ophelia (1998)

CD 3 - Motherland (2001)

CD 4 - The House Carpenter’s Daughter (2003)

CD 5 - Leave Your Supper (2010)

CD 6 - Leave Your Sleep (2010)

CD 7 - Natalie Merchant (2014)

CD 8 - Paradise Is There: The New Tigerlily Recordings (2015)

CD 9 - Butterfly (2017)

  1. 1. She Devil
  2. 2. Baby Mine
  3. 3. Frozen Charlotte
  4. 4. Ophelia
  5. 5. The Worst Thing
  6. 6. The Man In The Wilderness
  7. 7. My Skin
  8. 8. Vain And Careless
  9. 9. Andalucía

CD 10 - Rarities 1998 - 2017

  1. 1. The Village Green Preservation Society
  2. 2. Too Long At the Fair
  3. 3. Order 1081
  4. 4. To Love Is To Bury
  5. 5. Saint Judas
  6. 6. Birds & Ships
  7. 7. The Lowlands Of Holland
  8. 8. Sonnet 73
  9. 9. Learning The Game
  10. 10. My Little Sweet Baby
  11. 11. Political Science
  12. 12. Build A Levee
  13. 13. Sit Down Sister
  14. 14. The Gulf Of Araby
  15. 15. Portofino

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