laut.de-Kritik

Abseits zertrampelter Pfade.

Review von

Das Konzept von Reinhard Meys letzten Studioalben hieß: Ein Mann und seine Gitarre. Auf "Lieder von Freunden", das bereits in der Jubiläumscompilation "Jahreszeiten" enthalten war und nun ein gesondertes Release spendiert bekommt, traut sich der Chanson-Veteran wieder mehr musikalische Abwechslung zu. Reinhard Mey singt Songs von Weggefährten und Vorbildern und bricht dabei aus seinem eigenen Klangkorsett aus. Anstatt die Neuinterpretationen einfach nach Mey-Manier herunter zu klampfen, setzt der 72-jährige auf eine deutlich verspieltere Instrumentalisierung als auf seinen jüngsten eigenen Alben.

Im Opener "Gib Mir Feuer" ersetzt Mey den fistelnden Ulrich Rosky mit seiner tiefen, hauchenden Stimme. Das wirkt in Teilen gewollt komisch und handelt somit voll im Sinne des Originals. Meys Organ passt wunderbar auf die meisten der Coverversionen, die er sich für "Lieder von Freunden" ausgesucht hat.

Rio Reisers "Zauberland" taucht der alte Barde behutsam in ein dunkles Synthie-Pochen. Einzig die einsame E-Gitarre zwängt sich in diesem Stück etwas zu sehr in den Vordergrund. Auf "Wölfe Mitten Im Mai" schmückt Mey das Original von Franz Josef Degenhardt, der seine Version damals typisch minimalistisch mit Akustik-Gitarre einspielte, mit Violine und Dudelsack, die zwischen den Strophen für abwechslungsreiche Höhepunkte sorgen. Das mag manchem zu aufgeblasen klingen, die Umsetzung Meys beweist aber Spiel- und Experimentierfreude.

Einen weiteren Höhepunkt erreicht das Album bei Meys Interpretation von Gerhard Gundermanns "An Vater". Mey erweitert Gundermanns grandiosen Text um eine tragende Akkordeon-Melodie und seinen emotional vorgetragenen Gesang. Von der oft belächelten Kurzatmigkeit keine Spur.

Im folgenden "Book Of Love" wirkt Mey allerdings verloren. Die englischen Texte kommen, von ihm gesungen, nicht besonders leicht und fließend rüber. Das sollte als Spaßprojekt durchgehen, aber das Covern dieses Songs überlässt man dann doch lieber Peter Gabriel. Das gleiche Problem tritt leider auch bei Colin Wilkies "Emily Anne" auf. Deutsch und Französisch kann Mey wesentlich besser.

Das Cover des englischen Volkslieds "Die Zwölf Weihnachtstage", dieses Mal auf deutsch, kratzt zwar gefährlich an der Kitsch-Oberfläche, geht aber noch als unterhaltsames Weihnachtslied durch. Ganz groß ist wiederum Meys Version von "Jalalabad". Er fällt in seinen typischen Sprechgesang zurück, was sich in diesem Fall aber perfekt in den Beat des Originals einfügt.

Reinhard Mey ist mit "Lieder von Freunden" abseits von zertrampelnden Pfaden unterwegs. Er experimentiert, spielt, hat Spaß. Und die Ergebnisse überzeugen über weite Strecken. Die Ausflüge ins Englische und manche zu penetrante Instrumentalisierung trüben leider den Eindruck und hauen ein paar Kerben ins ansonsten glatte Gesamtwerk.

Trackliste

  1. 1. Bitte Gib Mir Feuer
  2. 2. Que Sont Devenues Les Fleurs
  3. 3. Zauberland
  4. 4. Wölfe Mitten Im Mai
  5. 5. Du Bist Nicht Allein
  6. 6. Ma Vie
  7. 7. An Vater
  8. 8. The Book Of Love
  9. 9. Emily Anne
  10. 10. Willst Du Dein Herz Mir Schenken
  11. 11. Die Zwölf Weihnachtstage
  12. 12. Abend
  13. 13. Jalalabad
  14. 14. Das Alte Fahrrad
  15. 15. Schutzengerl
  16. 16. Le Déserteur

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