laut.de-Kritik

Die Kalifornier blasen zum Duell der Thrash-Metal-Schwergewichte.

Review von

2016 war ein gutes Jahr für Freunde der alten Thrash-Metal-Schule. Anthrax meldeten sich mit einem grandiosen Album zurück, Megadeth berappelten sich nach dem "Super Collider"-Flop wieder, und im Hintergrund fabrizierten Death Angel ihre stärkste Platte sein vielen Jahren. Da lassen sich auch Testament nicht lumpen und blasen zum Duell der metallischen Bay-Area-Schwergewichte. Können sie an die bestechende Form der beiden Vorgänger anknüpfen?

Bereits die ersten Töne fegen mögliche Zweifel vom Schreibtisch, denn die Kalifornier um Frontbrocken Chuck Billy legen ordentlich los. Ein einleitendes Riff, dann Blastbeats und etwas Gebrüll von Billy - so kann man das machen. Schon in diesem Song präsentiert der gute Mann drei verschiedene Vokalstilistiken und stellt eine Vielfältigkeit unter Beweis, von der sich mancher Kollege ein paar Scheiben abschneiden könnte. Alt und müde klingt jedenfalls anders.

Auf ihrem elften Album wissen Testament genau, was sie wollen - und was sie können. So fließen beispielsweise in "The Pale King" ein paar NWOBHM-Riffs ins Songwriting ein, Doppelgitarren spielen schöne Verläufe, bevor die Band im letzten Abschnitt auch noch das Tempo wechselt. Wir sprechen hier nicht über Progressive, aber für Thrash-Verhältnisse ist das durchaus komplexe Liedschmiede-Kunst. Der vielbeschäftigte Gitarrist Alex Skolnick hält sich dieses Mal vornehm zurück, die Musik stammt fast ausschließlich aus der Feder von Eric Peterson. Chuck Billy textet derweil über reptiloide Geheimbünde, Außerirdische, Marihuana und eine Menge anderen Schabernack.

Vielfältigkeit hin, melodische Midtempo-Songs wie "Seven Seals" her, "Brotherhood Of The Snake" ist ein Thrash-Album geworden, das diese Qualitäten viel mehr in den Vordergrund stellt als der Vorgänger "Dark Roots Of Earth". Es scheint, als hätten der Band die Querelen um Ex-Bassist Greg Christian zusätzliches Feuer verliehen. Neuzugang und Hansdampf in allen Gassen Steve DiGiorgio war von 1998 bis 2004 schon mal Mitglied der Band und schlackerknarzt songdienlich und gut hörbar vor sich hin. Testament haben auch das neue Album wieder mithilfe eines Ingenieurs aufgenommen und sich dann den letzten Feinschliff von Andy Sneap geholt. Wenn man dessen klinische Schlagzeugproduktionen denn wirklich so nennen möchte.

"Centuries Of Suffering" ballert aus allen Rohren und beschert uns einen Einblick in Billys düstere Weltsicht: "After all, everything we do / As man evolves, so do the weapons used." Mit schnellen Kloppern dieser Art haben sich die Kalifornier dereinst einen Namen gemacht und nichts von ihrer Energie eingebüßt. Saustark gelingt dem Fünfer aus der Bucht von San Francisco auch "Neptune's Spear" mit schönen Soli der Herren Peterson und Skolnick.

Testaments neue Liedersammlung fügt sich nahtlos in die starken Veröffentlichungen dieses Jahres ein und liefert einfach ab. Kein einziger Ausfall, Chuck Billy in bester Verfassung und kreativ bestens aufgelegte Musiker machen "Brotherhood Of The Snake" zu einer sehr überzeugenden Scheibe.

Verdammt, 2017, deinen Job möchte ich echt nicht haben.

Trackliste

  1. 1. Brotherhood Of The Snake
  2. 2. The Pale King
  3. 3. Stronghold
  4. 4. Seven Seals
  5. 5. Born In A Rut
  6. 6. Centuries Of Suffering
  7. 7. Neptune's Spear
  8. 8. Black Jack
  9. 9. Canna Business
  10. 10. The Number Game

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3 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    bin von dem teil ja eher weniger überzeugt.
    handwerklich und produktionstechnisch kann man sicherlich glänzen,nur sind die songs halt übelst 08/15 und bieten von daher auch wenig überraschungen.
    weiterhin fällt das teil imo auch zu melodisch aus,was den songs die nötige aggressivität nimmt um bei mir punkten zu können.
    konnten testament früher mal besser.

  • Vor 7 Jahren

    Also ich finde es knallt gut rein.

  • Vor 7 Jahren

    Hat auf jeden Fall starke Momente, allerdings stimme ich dem HerrnvonWelt zu: Mir persönlich gefällt es besser, wenn es knüppelt. Klar macht der Chuck hier nen guten Auftritt, aber diese typischen Thrash-Gesangslinien hören sich alle gleich an und langweilen mich schon beim zweiten Mal hören.
    Dabei klingt der Mann übertrieben fett, wenn er denn mal growlt!