laut.de-Biographie
The Inspector Cluzo
"Wie jeder weiß, mögen wir keine Bassisten. Das sind keine Musiker." Die bei The Inspector Cluzo herrschende Einstellung ist so klar wie der Titel ihrer ursprünglichen offiziellen Homepage: fuckthebassplayer.com.
Seit 2007 schmäht das französische Duo Bassisten weltweit und sorgt mit seinem grenzüberschreitenden Sound für offene Münder. Die einhellige Meinung: Unfassbar, dass zwei Typen alleine so viel Krach machen können. Zuweilen steht noch der ein oder andere Blechbläser mit auf der Bühne.
Ansonsten genügen Mathieu 'Phil' Jourdain am Schlagzeug und Backgroundgesangs-Mikrofon sowie Leadsänger und Gitarrist Laurent 'Malcom' Lacrouts. In den Neunzigern spielen beide noch in der Combo Wolfunkind, die sich in ihrer Heimatstadt Monst-de-Marsan gründet.
The Inspector Cluzo gehen auch ohne Viersaiter als das funkigste Rock-Duo aller Zeiten durch. In ihre Musik mischen sie zudem eine ordentliche Portion Rock'n'Roll, Soul-Melodien, Rap-Parts und Jazz- und Blues-Zitate. Puristen mag der Höllenritt zwischen Einflüssen von AC/DC, Beck und den Chili Peppers über James Brown zu Jimi Hendrix und Pearl Jam zu rasant ausfallen. Fans und Kritiker schätzen insbesondere die absolute Unvorhersehbarkeit der beiden Franzosen.
Apropos: "Der einzige Bassist, mit dem wir überhaupt in der Lage sind, uns zu unterhalten, ist unser Freund Norwood Fisher von Fishbone", so der Erklärungsversuch. "Wir werden ihn irgendwann einmal fragen, wie man bloß auf die Idee kommen kann, Bassist zu sein." Fishbone-Fronter Angelo Moore erfand übrigens den Bandnamen The Inspector Cluzo. 2008 erscheint das gleichnamige Debütalbum.
Mit "The French Bastards" wächst das DIY-Duo, das seit 2013 einen eigenen Bio-Bauernhof in Mont-de-Marsan bewirtschaftet (die Bude gehört Laurents Großvater), zum überall auf der Welt willkommenen Festivalact. Zwei Jahre dauert die Tour zum Album, die sie 2011 auch in die USA führt. "The 2 Mousquetaires" erscheint 2012. Fuckthebassplayer heißt mittlerweile das eigene Label.
Ein Jahr später, als das vierte Album "Gasconha Rocks" erscheint, stehen schon Hunderte Gigs in fast 40 Ländern innert fünf Jahren zu Buche. 70.000 Platten haben The Inspector Cluzo abgesetzt. Ein Ziel, abgesehen vom Hochhalten der kulturellen Traditionen der Gascogne (zum Beispiel Rugby und gutes Essen): die absolute Unabhängigkeit als Band. Label, Booking, Management, Musik, Artwork, was auch immer: das 360-Grad-Prinzip. Alles aus einer Hand, aber bitte der eigenen!
Das gilt für ihre Einstellung zum Leben insgesamt: Die DVD-Doku, die 2016 ihrer fünften Platte "Rockfarmers" beiliegt, ein Doppelalbum, dokumentiert dies nachdrücklich. TIC wollen sich von niemandem etwas vorschreiben lassen, achten aber Traditionen und setzen auf Nachbarschaftshilfe. Mit ihrem DIY-Business zwischen Rocken und Farmen zeigen sie auf, wie sie selbstbestimmt handeln, abseits von großen Plattenfirmen oder international agierenden Agrarkonzernen, die die Lebensmittelproduktion global kontrollieren wollen.
Auf ihrem Biohof betreiben Mathieu und Laurent auch eine Enten- und Gänsezucht. Trotzdem haben sie zu dem Zeitpunkt in 44 Ländern über 700 Konzerte gespielt, unter anderem beim japanischen Fuji Rock Festival, beim Sziget Festival in Ungarn, Hurricane/Southside oder beim South By Southwest in den Staaten. Es folgt die Bandbiographie "Rockfarmers", die der Journalist Romain Lejeune verfasst, der sonst für das wichtigste Kulturmagazin Frankreichs, Les Inrockuptibles, schreibt.
Für "We The People Of The Soil" (2018) arbeiten die beiden Franzosen mit Produzent Vance Powell (mehrfacher Grammy-Gewinner, Jack White, White Stripes, Seasick Steve) zusammen. In gerade mal vier Tagen recorden sie alle elf Songs mit einer Acht-Spur-Bandmaschine. Auf die digitale Bearbeitung wird verzichtet, was gut zum Credo der Band passt, die Bluestradition kommt so noch deutlicher in den Vordergrund.
Inspector Cluzos Liveshows sind wild und improvisiert, eine feste Setlist gibt es nicht. Auf "We The People Of The Soil" sind zudem erstmals Streicher zu hören, im Song "The Best" steuert die französisch-amerikanische Sängerin Marianne Dissard Vocals bei. Passend zum zehnjährigen Bandjubiläum erscheint "We The People Of The Soil" erneut mit liebevoll gestaltetem Begleitbuch bzw. Zeichnungen eines befreundeten taiwanesischen Künstlers.
Musikalisch schlagen die Franzosen Anfang 2020 einen Seitenweg ein: "Brothers In Ideals: We The People Of The Soil – Unplugged" stellt eine akustische Version des sechsten Studioalbums dar - es kommt gänzlich ohne rüde Riffs und harte Drums daher. Eines bleibt natürlich wie gehabt: The Inspector Cluzo sind definitiv mehr als eine Band, es ist eine Lebenseinstellung.
Oder wie es der, durchaus ironisch gemeinte Titel der dritten Vorabsingle des neunten, wieder von Vance Powell in Nashville produzierte Albums "Horizon", das am 27. Januar 2023 das Licht der Welt erblickt, schön formuliert: "Running A Family Farm Is More Rock Than Playing Rock 'n' Roll Music" - eine Videodoku folgt unter demselben Namen ebenfalls.
Zuvor erscheint 2020 Inspector Cluzos erstes Livealbum "The Organic Farmers Season - Unplugged Live", das auch das Neil Young-Cover "Hey Hey My My" enthält. Die Platte stellt den achten Longplay-Release im Backkatalog dar. Im ersten Nach-Corona-Jahr bespielen Laurent und Mathieu dann im Sommer 2022 Frankreich sowie halb Europa, bevor im Herbst die ersten beiden "Horizon"-Singles, der Titeltrack sowie "Swallows", erhältlich sind.
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