laut.de-Biographie
Alice Merton
Alice Merton kennt das Leben auf Wanderschaft wie wenige andere. Ein ganzes Dutzend Mal zieht die gebürtige Deutsch-Britin (Jahrgang 1993 aus Frankfurt) bis zur Veröffentlichung ihrer Debütsingle "No Roots" (Platz zwei der deutschen Singlecharts) in 2017 um.
Sie wächst in den USA und Kanada auf, geht in München zur Schule, lebt zwischenzeitlich in England. Erstmals auf sich aufmerksam macht sie 2015 als Sängerin auf dem Album "The Book Of Nature" des Berliner Produzentenduos Fahrenhaidt. Im Jahr darauf gewinnt sie in der Kategorie Acoustic Pop den Bundesförderpreis Jugend kulturell. Außerdem studiert sie an der Mannheimer Popakademie (Get Well Soon) Popmusik-Design und landet schließlich in Berlin den Hit. Ganz ohne Plattenlabel, dafür viel Blogfame im Rücken.
Der hochprofessionell produzierte und eingängige Indiepop-Track präsentiert das Leitmotiv der Wurzellosigkeit via Mertons beeindruckend weitgespannter, fast souliger Stimme. "Wo sind meine Wurzeln? Ich weiß es nicht. Ich fühle einfach, dass ich kein Land habe, dass meine Heimat ist", sagt die Songwriterin. Und begeistert trotzdem oder geradedrum neben besagten Blogs auch die Werbeverantwortlichen eines großen Telekommunikationsunternehmens. Über das Airplay, das der von Merton untermalte Vodafone-Spot erhält, verbreitet sich die Kunde von ihren zumeist am Piano komponierten Songs in Windeseile.
"Meine Musik ist sehr autobiografisch", erklärt Alice Merton im Interview. Im Zuge der Single veröffentlicht sie auch die dazugehörige EP. Im Herbst 2017 folgt die Albumpremiere. Die Intro sieht in ihr alsbald ein "natürlich wirkendes Popwunder" und als soulinspirierte Lena Meyer-Landrut. Den eigenen Erfolg kann Merton selbst derweil nur langsam begreifen.
Zögerlich sind sie und ihre kraftvollen Popsongs auf dem schmalen Grad zwischen Radiotauglichkeit und Indie-Kompatibilität aber auch nicht: Merton gründet ihr eigenes Label Paper Plane Records, über das sie ihre Musik auch vermarktet. Zu ihren Vorbildern rechnet die Wahlberlinerin Florence And The Machine, Sia, Tame Impala und die Killers. Live ist Merton gemeinsam mit Bosse und als Support für Philipp Poisel zu sehen.
Anfang 2018 tritt Merton in einer der reichweitenstärksten US-Late Night TV-Showsauf: Jimmy Fallons "Tonight Show". Der Moderator bezeichnet dort "No Roots" als "den bei weitem eingängigsten Song des Jahres". Wenig später erklimmt Merton die Pole Position der amerikanischen Alternative Single Charts –als erst neunte Frau, der das in der bis dato dreißigjährigen Zählungsgeschichte gelingt.
Die Aufnahmen für das Debütalbum verzögern sich zwar immer weiter, da Merton ein intensiver Tourplan im Lauf des Jahres mehrfach quer durch die Welt führt. Zwischendurch arbeitet Merton aber gemeinsam mit ihrem Stammproduzenten Nicolas Rebscher an den neuen Songs, bei einem unterstützte sie zudem John Hill, der vorher bereits Tracks für unter anderem Florence And The Machine und Portugal. The Man produziert hatte. Anfang 2019 steht "Mint" dann endlich in den Regalen. Wie die enthaltenen Songs kommt auch der Albumtitel von einer sehr persönlichen Warte: "Wenn ich Angst habe, ist das Einzige, was mir hilft, Minze", verrät Merton.
Noch im selben Jahr steigt sie als Coach bei The Voice Of Germany ein. Mit ihrer Kandidatin Claudia Emmanuela Santoso gewinnt sie als erstes weibliches Jury-Mitglied und verlässt die Musikshow mit dem Titel in der Tasche direkt nach einer Staffel wieder. Kann man mal so machen. Dann folgt jedoch eine weniger erfreuliche Zeit.
Die Corona-Pandemie nimmt Merton nicht nur ihre Großmutter und die Möglichkeit, live zu performen, sondern auch persönlich und in ihren Arbeitsbeziehungen ändert sich einiges. Erstmals beschäftigt sie sich intensiv mit sich selbst, geht in Therapie und verarbeitet all das schließlich in ihrem zweiten Album.
"S.I.D.E.S.", auf dem sie erstmals mit vielen verschiedenen Produzenten gearbeitet hat, erscheint im Juni 2022, kurz nachdem sie von Berlin nach London umzieht. Es ist eine sehr persönliche Platte über Ängste, Zweifel und Selbsthass, aber auch Hoffnung und die schönen Seiten des Lebens. Im Herbst und Winter geht sie schließlich auf Tour durch Deutschland und Europa. Noch am Release-Day des Albums spielt sie aber als Vertretung für Sam Fender auf dem Southside Festival. Die dortigen "Alice Merton"-Sprechchöre belegen: wer solche Fans hat, braucht "No Roots" – und ist nie allein.
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