laut.de-Kritik

Zwischen Piano-Balladen und Dance-Pop blitzen rockige Riffs auf.

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Mit "Amar Pelos Dois" holte der Portugiese Salvador Sobral im vergangenen Jahr den Eurovision Song Contest nach Lissabon. Dort versammeln sich nun die Hoffnungsträger unter dem Motto "Alle an Bord!" zur 63. Runde des prestigeträchtigen Musikwettbewerbs.

Bereits gut drei Wochen vor dem Spektakel darf der ESC-Fan mehr als 40 potentielle Kampfansagen auf der offiziellen Kompilation Probe hören. Unter den zahlreichen Interpreten lassen sich bekannte Stimmen ausmachen, so nimmt etwa Alexander Rybak zum zweiten Mal für Norwegen teil.

Wir erinnern uns – 2009 hatte der 31-Jährige mit "Fairytale" den Grand Prix nach Oslo gebracht, wo eine gewisse Lena im Folgejahr bekanntermaßen Geschichte schrieb. Auch die 28-jährige Sängerin Lea Sirk besucht bereits zum dritten Mal unter slowenischer Flagge die Grand-Prix-Bühne.

In Expertenkreisen gilt allerdings schon im Vorfeld die extravagante Sängerin Netta aus Israel als Favoritin. Ihre schillernde Nummer "Toy" kritisiert gängige Schönheitsideale und die männliche Dominanz im Allgemeinen. Wie schon Conchita Wurst bewiesen hat, stehen die Chancen für speziellere Charaktere in der Regel nicht schlecht.

Der größte Anteil am ESC-Potpourri kommt diesmal aber aus der Kuschelecke: So setzen unter anderen Armenien mit Sevak Khanagyans "Qami", Alekseevs "Forever" für Weißrussland und das spanische Duett ("Tu Canción") auf emotionale Piano- und Streicher-Balladen. Auf der anderen Seite setzt etwa Jessica Mauboy mit "We Got Love" für Australien auf überschaubare Dance-Pop-Grooves; genauso vertrauen Finnland mit Saaro Aaltos "Monsters" und Aisels "X My Heart" für Aserbaidschan auf simple Synthie-Spuren.

Während die Platte größtenteils in seichten Gewässern vor sich hinplätschert, erfrischt "A Matter Of Time" der belgischen Sängerin Sennek mit verspielten Jazz-Tönen, die gar an die großartige Amy Winehouse erinnern. Aber auch rockigere Varianten sorgen für Abwechslung: Neben dem energischen "Stones" der Schweizer Indie-Band Zibbz schicken Ungarns AWS mit "Viszlát Nyár" rotziges Stahlsaiten-Gewühl ins Rennen.

Gute Chancen auf einen der vorderen Plätze verspricht außerdem "Lie To Me" des Tschechen Mikolas Josef, der seine Raps mit einem frechen Alt-Saxophon kombiniert. Genauso besitzt die experimentierfreudige Opernarie "La Forza" der estländischen Elina Nechayeva Potenzial. Während Moldawiens "My Lucky Day" von DoReDoS folkigen Ska zeigen, klingt Frankas "Crazy" (Kroatien) schon verdächtig nach "Fifty Shades Of Grey".

Bis zur Ausstrahlung wird es jedoch nicht bei 43 Beiträgen bleiben: In zwei Vorentscheidungen qualifizieren sich jeweils zehn Songs für das große Finale. Von diesem Prozedere ausgenommen sind wie jedes Jahr die 'Big Five' Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sowie der Gastgeber, in diesem Falle Portugal.

Michael Schulte muss sich für Deutschland also gleich auf der großen ESC-Bühne beweisen. Leider heben sich die sanften Klavier-Klänge seines Songs "You Let Me Walk Alone" trotz persönlichem Text nur wenig vom restlichen Pop-Gedudel ab. Bleibt abzuwarten, ob der 27-Jährige eine magere Punktausbeute wie die seiner Vorgängerinnen Ann Sophie, Jamie-Lee und Levina zu verhindern weiß. Konkurrenz hat er dabei allemal.

Trackliste

  1. 1. Mall (Albanien) - Eugent Bushpepa
  2. 2. Qami (Armenien) - Sevak Khanagyan
  3. 3. We Got Love (Australien) - Jessica Mauboy
  4. 4. Nobody But You (Österreich) - Cesar Sampson
  5. 5. X My Heart (Aserbaidschan) - Aisel
  6. 6. A Matter Of Time (Belgien) - Sennek
  7. 7. Bones (Bulgarien) - Equinox
  8. 8. Forever (Weißrussland) - Alekseev
  9. 9. Stones (Schweiz) - ZiBBZ
  10. 10. Fuego (Zypern) - Eleni Foureira
  11. 11. Lie To Me (Tschechische Republik) - Mikolas Josef
  12. 12. You Let Me Walk Alone (Deutschland) - Michael Schulte
  13. 13. Higher Ground (Dänemark) - Rasmussen
  14. 14. Tu Canción (Spanien) - Amaia Romero & Alfred Garcia
  15. 15. La Forza (Estland) - Elina Nechayeva
  16. 16. Monsters (Finnland) - Saara Aalto
  17. 17. Mercy (Frankreich) - Madame Monsieur
  18. 18. Storm (Großbritannien) - SuRie
  19. 19. For You (Georgien) - Ethno & Jazz Band Iriao
  20. 20. Oniro Mou (Griechenland) - Yianna Terzi
  21. 21. Crazy (Kroatien) - Franka
  22. 22. Viszlát Nyár (Ungarn) - AWS
  23. 23. Together (Irland) - Ryan O'Shaughnessy
  24. 24. Our Choice (Island) - Ari Ólafsson
  25. 25. Toy (Israel) - Netta
  26. 26. Non Mi Avete Fatto Niente (Italien) - Ermal Meta & Fabrizio Moro
  27. 27. When We’re Old (Litauen) - Ieva Zasimauskaite
  28. 28. Funny Girl (Lettland) - Laura Rizzotto
  29. 29. My Lucky Day (Moldau) - DoReDoS
  30. 30. Lost and Found (F.Y.R. Macedonia) - Eye Cue
  31. 31. Taboo (Malta) - Christabelle
  32. 32. Inje (Montenegro) - Vanja Radovanovic
  33. 33. Outlaw In 'Em (Niederlande) - Waylon
  34. 34. That's How You Write a Song (Norwegen) - Alexander Rybak
  35. 35. Light Me Up (Polen) - Gromee feat. Lukas Meijer
  36. 36. O Jardim (Portugal) - Cláudia Pascoal feat. Isaura
  37. 37. Goodbye (Rumänien) - The Humans
  38. 38. I Won’t Break (Russland) - Julia Samoylova
  39. 39. Who We Are (San Marino) - Jessika feat. Jenifer Brening
  40. 40. Nova Deca (Serbien) - Sanja Ilić & Balkanika
  41. 41. Hvala, Ne! (Slowenien) - Lea Sirk
  42. 42. Dance You Off (Schweden) - Benjamin Ingrosso
  43. 43. Under the Ladder (Ukraine) - MÉLOVIN

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